Blick zum Starenkasten

Es flog ein muntres Starenpaar
Schon manches Jahr
Auf eine Pappel hoch und schön,
Um von da aus die Gegend sich anzusehn.

Fest sind die Dächer.
Kein Baum hat Löcher.
Mußten daher in Ermanglung von Höhlen
Sich wieder empfehlen;
Denn keine Wohnung war zu finden,
Einen Haushalt darin zu gründen.

Doch heuer kam, gewandt und heiter,
Ein schmucker Herr, ein dienstbereiter,
Mit einer Leiter,
Mit einem Kästchen,
Tat dies hoch oben am Baum befest’gen
Und stieg dann wieder
Zur Erde hernieder,
Indem er sich freut, daß er aus solcher Gefahr
Für diesmal glücklich entronnen war.

Inzwischen sahen in bedachtsamer Ruh
Die beiden Stare von weitem zu.
»Frau«, sprach das Männchen, »laß uns doch eben
Zu dem hübschen Häuschen hinüber schweben,
Ob’s Türlein daran, was das wichtigste ist,
Auch mindestens fünf Zentimeter mißt;
Sonst würd‘ es besonders für dich zu klein,
Mein liebes, dickes Madamchen sein. –

Flugs fliegen die Vögel zum kleinen Haus,
Schlüpfen ein und aus
Und plappern vergnüglich:
»Gottlob, die Sache geht vorzüglich!«

Und alsogleich baun sie im Kästchen
Ein trauliches Nestchen;
Vertilgen ringsum zu Nutz und Pläsier
Den Schneck, den Wurm, das Käfertier;
Vergessen auch nicht, in allen Ehren,
Sich zu vermehren. –

Und als der Herr, der so edel gehandelt,
Dann später mal unter dem Baum gewandelt,
Da haben die Vöglein, um sich dankbar zu zeigen,
Ihm was gepfiffen auf allen Zweigen;
Und jedes, weil sie ihm gar so gut,
Macht ihm ein Kleckschen – pitsch! – auf den Hut. –

Wilhelm Busch


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