Das Geschlecht der Ritter von Siebenaich

 

Entgegen der Geschichte Ettringens, welches zur Herrschaft von Schwabegg gehörte, hatten die Siebenaicher im Anfang ihrer Geschichte eine eigene Herrschaft, nämlich die Ritter von Siebenaich. Die erste Erwähnung erfolgt urkundlich anlässlich einer Schenkung. Zwischen den Jahren 1120 und 1130 unterzeichnete Mangold mit seinen Söhnen Mangold und Hartmann von Siebenaich eine namhafte Schenkung eines Prädiums (Grundbesitz) »mit drei Mühlen samt aller Zugaben von Leibeigenen beiderlei Geschlechts nebst allem Eigentum an Feldern und Wäldern, welche ein gewisser Adalbert aus Bayern als Stiftung der Kirche und Convent von St. Ulrich und Afra gab, das alles nach seinem und seiner Gemahlin Ableben unverweilt ausgehändigt werden sollte«.

Die Herren von Siebenaich waren allerdings abhängige Vasallen der Welfen und später der Hohenstaufer. Sie waren Dienstmannen und keine freien Lehnsmannen. Es ist nicht ersichtlich, ob einer ihrer Vorfahren die Burg gegen Bischof Siegfried verteidigt hat; möglich wäre es gewesen. Mehrfach werden die Mangolds als Reichshofbeamte in der Stellung von Kämmerern erwähnt.

Der Vater Mangold I. lebte etwa von 1120 bis 1160. Er hatte zwei Söhne, Mangold II. (1130 bis 1170) und Hartmann II. (1130 bis 1180). Dieser wiederum hatte zwei Söhne, Mangold III. und Hartmann III. Ein wichtiges Jahr für das Dorf war das Jahr 1153; denn unter der Herrschaft der Beiden gab Bischof Conrad in Augsburg die Kirche in Siebenaich an das Kloster Steingaden, die Bestätigung durch Papst Alexander III. erfolgte am 31. Mai 1156 (hier muss es sich um einen Schreibfehler handeln, da Papst Alexander III. erst 1159 in das Amt erhoben wurde).

Zu jener Zeit regierte in Deutschland Kaiser Friedrich I., auch Barbarossa genannt. Als sein Lehnsmann nahm Hartmann II. von Siebenaichen im Herbst 1166 am 4. Italienzug Friedrichs teil. Im Juli 1167 erreichte das Heer Rom und besetzte es. Papst Alexander III. musste als Pilger verkleidet flüchten. Mit großen Turnieren und festlichen Tanzveranstaltungen feierte man am 1. August 1167 die Krönung der Kaiserin Beatrix. Jedoch der glühend heiße Sommer schickte dem deutschen Heere aus den umgebenden Sumpfregionen eine schlimme Seuche ins Lager, die Malaria. Wie ein Strafgericht Gottes fiel sie über die Sieger her, von denen an die 2000 ihr Leben lassen mussten, unter ihnen auch der Erzbischof von Köln und Kanzler Barbarossas, Rainald von Dassel. Dezimiert von der verheerenden Seuche zogen sich die Reste des Heeres rasch über Pavia und Turin zurück. In Susa, einem Marktflecken am Mt. Cenis, konnte der Kaiser nur durch eine List den ihm nachstellenden Langobarden entkommen.

Da Hartmann von Siebenaichen wegen seines rötlichen Haares und Bartes dem Kaiser täuschend ähnlich sah, wechselten beide die Kleider, und als die rachdürstigen Verfolger das Haus, in dem sich der vermeintliche Kaiser aufhielt, umstellt hatten, fanden sie den falschen Mann vor. So hat es der Chronist Otto von St. Blasien bzw. sein Kaplan Rahewinus in seinem Geschichtswerk »Taten Kaiser Friedrichs I.« geschildert. Hartmann kehrte, nachdem die Täuschung aufgeklärt worden war, wohlbehalten in seine Heimat zurück.

Da es mehrere Siebenaichen gibt, nehmen auch mehrere Ortschaften für sich in Anspruch, diesen einerseits tapferen, andererseits gerissenen Mann zu den ihren zählen zu dürfen. Jedoch spricht vieles dafür, dass tatsächlich dieser Unerschrockene und Tapfere aus unserer Heimat stammte. Nehmen wir es einmal an.

Der Sohn Hartmanns II., Hartmann III., soll als Gefolgsmann Heinrichs des Löwen eine Pilgerfahrt nach Jerusalem, Konstantinopel und Kleinasien mitgemacht haben.

Im Jahre 1185 erlischt plötzlich die welfische Mangoldlinie, sie findet sich fast 40 Jahre in keinerlei Urkunde mehr. Erst 1220 hören wir wieder von einem Heinrich von Siebenaich. Er legte die Vogteirechte des Gutes Siebenaich in die Hände König Friedrichs II. – des Hohenstaufers – und beurkundete wiederholt alle Besitzungen und Freiheiten für das Kloster Steingaden.

Eigentümlicherweise verkaufte Mangold, Sohn des Heinrich und der Irmengard von Füssen, am 6. Februar 1237 seinen Besitz mit der Vogtei in Siebenaich an das Gotteshaus St. Johann in Steingaden. 1238 wird der angefochtene Verkauf nochmals bestätigt. Verwundert müssen wir feststellen, dass Mangold etwas verkaufte, was bereits vorher verschenkt worden war. Anscheinend ist er früh Halbwaise geworden, da er einen Vormund Sigfried Spannagel hatte, der nicht einmal adeliger Herkunft war. Auch führte Mangold kein eigenes Siegel mehr, wie wir bei seiner letzten Erwähnung erfahren. Man möchte in diesem Zusammenhange fast sagen: dies sind die Symptome für den Niedergang eines stolzen Geschlechts, nämlich versteckte Unlauterkeit bei gleichzeitigem Verzicht auf anstehende Ehre und Würde. Ita, die Tochter des verstorbenen Heinrich und Schwester des Mangold und jetzige Frau des Cunradus de Mazzensiez (Mattsies), verkaufte 1246 einen Hof zu Aitingen an das Domkapitel zu Augsburg. Eine von Conrad von Mattsies ausgestellte Urkunde nennt als Ausstellungsort das Castrum Sybinaich.

Damit verlöscht die Linie der Mannen von Siebenaich. Wir hören noch von einem Hermann von Siebenaich, der 1304 und 1318 als Konventherr in Steingaden genannt wird. Die vorher angeführte Ita zog sich als Nonne in das 1250 gestiftete Kloster der Dominikanerinnen zu Löwental bei Tettnang zurück.

Nachgetragen werden muss nun der Sitz der Siebenaicher. 1083 war die erste, sicherlich aus Holz erstellte Burg, wie bereits erwähnt, noch in Kirchsiebnach liegend, zerstört worden. 

Buchberg

Buchberg

Es ist sehr fraglich, ob danach eine zweite hier gebaut worden ist. Man kann annehmen, dass der nächste Herrschaftssitz auf dem Buchberg westlich von Siebnach errichtet wurde. Er ist nicht ganz so groß gewesen wie die Befestigung in Schwabegg, dennoch zeugen die mächtigen Gräben und Wälle, die zurückblieben, von einem ansehnlichen Herrensitz.

Verhältnismäßig steil fällt in östlicher Richtung der Hang nach dem Dorfe Siebnach ab, ebenso stark geneigt ist die nördliche Flanke, die in einem kleinen Tobel ausläuft. Die südliche Seite, zur jetzigen Straße nach Schnerzhofen gelegen, ist ebenfalls sehr abschüssig. Einzig die Westseite hat das Niveau des angrenzenden Geländes. Hier verwehren ein tiefer Graben und ein hoher Wall schnellen Zutritt. Er hat eine ungefähre Länge von 200 m. Etwa 50 m weiter östlich erhebt sich noch einmal ein hoher Wall, der die eigentliche Befestigungsplattform abgrenzt. Sie hat eine Seitenlänge in Ost-West-Richtung von ca. 100 m und in Nord-Süd-Richtung von ca. 60 m. Schließlich trennt weiter ein in östlicher Richtung gelegener Wall eine dritte kleine längliche Plattform ab, von der man direkt nach Siebnach hinunter gelangen kann.

Zeichnung der alten Burganlage

Zeichnung der alten Burganlage

Die Schlossherren nach den Mangolds werden kaum in Urkunden angeführt. Wir wissen lediglich, dass 1382 ein Kunz von Ellerbach hier saß. Er war der Bruder des Marschalls Burkhard in Augsburg und außerdem noch Vogt in Burgau. Etwa 100 Jahre später wohnte das Geschlecht derer von Eggenthal auf dem Buch- oder Schlossberge. Im 16. Jahrhundert muss als letzter Besitzer das Geschlecht der Schwinkreißt die Burg bewohnt haben. Es war nicht adelig, ging in bäuerliche Verhältnisse über und wird im Dorf gewohnt haben; denn im Verlauf des 16. Jahrhunderts scheint die Burg verfallen zu sein und die Ruine wurde sicherlich als Steinbruch benutzt. Ein herrlicher Buchenwald behütet heute das Geheimnis der Geschichte dieses Burgstalles. Die Kirchenbücher von Siebnach ab dem Jahre 1652 verzeichnen noch im Sterberegister einen:

Joannes Swingkreischt, der am 9.1.1679 in Siebnach beerdigt wurde und eine
Maria     Swingkreischt, die    “   14.2.1681       “             “            „

Ihre Tauftage sind nicht verzeichnet, da beide wahrscheinlich schon vor dem Jahr der ersten Aufzeichnungen im Matrikelbuch gelegen haben. Mit dem Datum 12.4.1728, einer Eheschließung zwischen einem Mathias Swingkreischt und einer Joanna Schön in Siebnach und der Beerdigung am 1.4.1748 eines Stanislaus Swingkreischt verliert sich in Siebnach das Geschlecht der Swingkreischt – Schwingkraischt – oder auch Schwingkreißt geschrieben. 

Kappelbauer

Kappelbauer

Im Zusammenhang mit der damaligen Burg wird heute noch folgende kleine originelle Geschichte erzählt. Der Hof des Kappelbauern (Markt-Walder-Straße12), seinerzeit hieß er Wiedemannhof, war abgabenpflichtig an die Burg. Missernten oder vielleicht auch eigene Schuld hatten den Pächter in so große Zahlungsrückstände gebracht, dass der Burgherr ihm kündigte, es sei denn, er käme persönlich auf die Burg, um sich seine Schulden streichen zu lassen. Dabei, und das war die interessante Bedingung, dürfe er weder zu Fuß kommen, noch kreisen, noch reiten. Das findige und gar nicht auf den Kopf gefallene Bäuerlein ließ sich kurzerhand mit einem Seil unter den dicken Bauch eines schwerfälligen Ochsens binden, erreichte auf diesem Wege bedingungsgemäß die hochgelegene Burg und damit den gewünschten Erlass seiner ihn drückenden Schulden.

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