Der Bauernaufstand 1524


Hatten die Städter sich allmählich befreit vom althergebrachten und machthaberischen Rechte des selbstherrlichen Landadels, (Stadtluft macht frei) so versuchte es nun die einfachste und geknechtetste Schicht des Volkes, der oft ausgenützte und ständig gedemütigte Bauer. Er hatte am härtesten unter dem Joch der willkürlichen Feudalherrschaft gelitten. Steuerlasten und Frondienste, zerstörte Fluren durch Kriegsscharen, zerstampfte Felder durch herrschaftliche Treibjagden brachten ihm oft unverdient bittere Not. Die Menschen waren von eintöniger Arbeit und elender Armut ausgezehrt, sie waren unwissend und abergläubisch. Nur handfeste Trinkgelage mit billigem Fusel und unsinnige Raufereien brachten Abwechslung in das rohe und primitive Leben. War es ein Wunder, dass einmal das Fass des Unerträglichen überlief?

Im Laufe des Jahres 1524 kam es in Süddeutschland zum Bauernaufstand, als um das Jahresende herum sich an die 30 000 waffentragende süddeutsche Bauern weigerten, die weltlichen Abgaben und kirchlichen Zehnten zu bezahlen. Im benachbarten Memmingen stellten im März 1525 die bäuerlichen Delegierten ihre »zwölf Artikel« auf, die Anlass zu schweren Auseinandersetzungen in Deutschland wurden. Die geknechteten Bauern verlangten Gleichheit. Weiter forderten sie, dass die Burgen der Ritter und Herren geschleift werden sollten, sie sollten nicht mehr hoch zu Ross reiten und die Pfarrer sollten nicht Gebieter, sondern Diener ihrer Gemeinde sein.

Natürlich übersprang die lodernde Flamme des entstandenen Aufruhrs schnell die kurze Entfernung zwischen Memmingen und unserem Gebiet. Drei Lager mit jeweils 10 000 Bauern befanden sich bei Biberach, bei Konstanz und bei Kempten. Die bewaffneten Aufrührer streiften als Kompanien und Fähnlein durch das ganze Land. Ein solches Fähnlein umfasste etwa 400 Mann, dem nicht nur Bauern, sondern oft genug eine ganze Anzahl finsteres Gesindel wie Spielleute und Pfannenflicker angehörten, die mehr oder minder auf Raub ausgingen. Am schlimmsten von allen trieben es die Aufständischen unter dem roten Fähnlein; zu ihnen gehörten auch die uns benachbarten Angelberger.

Mitte April zerstörten sie rücksichtslos die Burgen Angelberg bei Tussenhausen und Irmazhofen (Markt Wald). Ihr furchtloser Anführer war ein ehemaliger Landsknecht, ein gewisser Peter Schleifer. Es gelang ihm, mit seiner bunten Truppe den Herrn von Angelberg, Conrad von Riethaim, gefangen zu nehmen und gegen ein Lösegeld von 6000 Gulden wieder freizulassen. Der gedemütigte Burgherr rächte sich später für die an ihm und seinem Besitz begangene Unbill bitter, indem er drei Bauern, die bei der Niederbrennung der Schlösser zu Angelberg und zu Irmazhofen mitgemacht hatten, die Zunge herausschneiden ließ.

Von den Ettringern Bauern liest man nichts, sicherlich konnten sie vom Augsburger Bürgermeister und seinen Beamten durch Zugeständnisse von Ausschreitungen abgehalten werden. Dennoch hatten sich zwischen Augsburg und Kaufbeuren zwei aufständische Haufen gebildet, ein unterer in der Gegend von Bobingen “an der Straß” und ein oberer Haufen, der »zu Buchloe« genannt. Der Buchloer Haufen wollte unter der Führung eines Sebastian Bader am 7. April 1525 das Kloster Irsee einnehmen, welches jedoch bereits einem Obergünzburger Haufen gehörte. Darauf zogen die revoltierenden Buchloer nach Bayern hinüber und plünderten und verbrannten mit dem Oberdorfer Haufen gemeinsam das Kloster Steingaden. Herzog Ludwig, bedrängt von den in Gefahr geratenen Adligen, schickte eine rüde Strafexpedition aus und ließ am 20. April Buchloe und Wiedergeltingen plündern und in Asche legen.

Das zunächst hell lodernde Strohfeuer des Aufbegehrens sank langsam in sich zusammen, zumal unter der Fahne der gerechten Forderungen immer mehr übles Pack marschierte, welches nur randalieren und rauben wollte. Die Haufen der Bauern schmolzen zusammen, da die Frühjahrsarbeit im Felde wartete. So verbündete sich schließlich der Rest des oberen Haufens mit den Allgäuer Bauern. Am 10. Mai 1525 erlitten sie bei Kleinkitzighofen durch die bayerische Reiterei eine blutige Niederlage. 700 Bauern hatten sich zum Kampfe gegen 200 Reiter unter dem Kommando des Hauptmanns Egloffstein gestellt. Die traurige Bilanz war: 200 aufständische Bauern wurden im Kampfe erschlagen, 28 kamen als Gefangene nach Landsberg und die anderen suchten ihr Heil in der Flucht.

Im Juli desselben Jahres wurden zuletzt auch die Allgäuer Rotten vom schwäbischen Bundesheer unter der Führung von Freiherrn Georg Truchseß von Waldburg und Georg von Frundsberg in der Gegend von Kempten geschlagen. Dreißig ihrer tapferen Anführer wurden enthauptet.

Zurück blieben, wie so oft, Tränen, Kummer und bittere Not. Im Kampfe waren viele Bauern gefallen oder später hingerichtet worden. Auf der anderen Seite hatten sie herrliche Klöster und stolze Burgen zerstört, Dörfer und Kleinstädte waren geplündert und gebrandschatzt worden. Nun vagabundierten auf den schlammigen Landstraßen Tausende von obdachlosen unschuldigen Bauern. Witwen und Waisen bettelten vor den Türen der Reichen oder verhungerten im kalten Straßengraben. Letztlich mussten, wie so oft, die Kleinen und Armen die Zeche für diesen mörderischen Aufstand zahlen, der wie eine Eruption die anscheinend friedliche Decke zwischen arm und reich jäh aufbrach.

Der Chronist jener Zeit charakterisierte mit einem Vierzeiler treffend die Situation, indem er schrieb:

Wer im 1523. Jahre nicht stirbt, (Pestjahr)
1524 nicht im Wasser verdirbt,
und 1525 nicht wird erschlagen,
der mag wohl von Wundern sagen.

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