Die Hallstattzeit


Die Vorzeit

Langsam taucht der feuerrote Ball der Abendsonne in die dunklen Tannenwipfel des düsteren Kastenholzes ein. Im sanften Widerschein erglühen die Zeiger der Kirchturmuhr rötlich, während der türkisfarbene Himmel über dem kantigen und trotzigen Turm in das tiefe Blau der Nacht hinübersinkt. Allmählich deckt der weite Mantel der Finsternis die geduckten Häuser von Ettringen zu.

Jetzt beginnt die Zeit der Märchen, der Sagen und Geschichten, der Erzählungen der Alten, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Wir jedoch wollen hier noch weiter zurückgehen bis in jene ferne Epoche, als die Mutter Erde nur Tag und Nacht kannte.

Damals bedeckte unsere Heimat ein riesiges Meer, aus dem sich allmählich unter einer mächtigen Urgewalt gigantische Erdschollen hoben. Dieses bedeutende Ereignis begann vor etwa 100 Millionen Jahren und dauerte an die 50 Millionen Jahre an. Die erstarrten Teile der Erdkruste trieben auf der flüssigen Magma des Erdinnern. Dabei bewegten sie sich wie ungeheure Eisschollen, indem sie sich hoben, sich ineinander verkeilten und sich teilweise mit unvorstellbaren Kräften an ihren Rändern aufbäumten. So wurden unsere Alpen durch einen unwahrscheinlichen starken Schub aus dem Mittelmeerraum in Richtung Norden aufgetürmt. Gleichzeitig senkte sich der Boden in unserem nördlich der Alpen gelegenen Vorland. In das so entstandene ausgedehnte Becken ergoss sich Wasser aus den Flüssen und Bächen, die von den Bergen und Gletschern kamen. Diese Gewässer führten abgewittertes Gestein und Unmengen von Geröll mit sich. Auf diese Weise füllte sich langsam dieses umfangreiche Alpenvorlandbecken mit kalkigem Schutt (Molasse).

Die Dicke der nunmehr abgelagerten Schicht beträgt ungefähr 1550 Meter und besteht aus einem feinkörnigen Material wie Ton und Sand, sie ist für Wasser undurchlässig. Damit bildet sie das Auffangbecken für unser wichtiges Grundwasser. Kenntnis davon erhielten wir durch mehrere Ölbohrungen, die man vor einigen Jahren in der Flur von Siebnach niedergebracht hatte.

Aber noch kam die alte Mutter Erde in unserem Gebiet nicht zur Ruhe. Nachdem die Entwicklungsepoche des Tertiär vor etwa einer Million Jahren mit der Bildung der Hochgebirge in unsere Gegenwart getreten war, brachte das Quartär die großen Kälteperioden auf der nördlichen Erdhalbkugel. Die Alpen erstarrten arktisch unter einer glitzernden dicken Kruste von Eis und Schnee. Riesige Gletscher bildeten sich und begruben das Voralpenland wie mit mächtigen Tatzen unter sich bis in unseren heimischen Bereich. Dazwischen schoben sich immer wieder Wärmeperioden, die manchen, jetzt ausgestorbenen Tierarten, in unserem Raume erträgliche Lebensverhältnisse boten. So fand man in einer Kiesgrube bei Siebnach einen gut erhaltenen Mammutbackenzahn von der Größe zweier Männerfäuste.

Natürlich sind die Überreste aus jener unvordenklichen Zeit deshalb so selten, weil die wechselnden Wärme- und Eisperioden die unterschiedlichen Zeugen dieser Epoche über Jahrtausende hin weggeschoben oder mit Geröll unter sich begraben haben. Man nimmt heute an, dass die Frequenz der Kälte und Wärmezeiten etwa bei 30.000 bis 70.000 Jahren lag.

Eine knappe Million Jahre sind seitdem vergangen. Zurück ließen die gewaltigen Eismassen abgewittertes Geröll und kalkhaltigen Schutt. Sie bilden die sogenannte Moränenlandschaft mit ihren ausgedehnten Tälern, ihren sanften Anhöhen und eingebetteten Mulden. Wir finden sie in unserer Gegend, wie sie sich von dem Kamm der Alpen bis in das Gebiet von Türkheim Amberg erstrecken.

Das über Jahrtausende von den Bergen herabfließende Schmelzwasser hatte eine breite Talmulde ausgeschwemmt, an deren westlicher Begrenzung die drei Ortschaften Ettringen, Siebnach und Traunried liegen. Das mitgeführte Gestein lagerte sich in einer etwa 15 Meter mächtigen, sog. Schotterlandschaft ab, die sich bis zum Donautal erstreckt. Ständige Winde und heftige Stürme trieben den feinkörnigen Löß, der von keiner Vegetation besiedelt wurde vor sich her und lagerte ihn auf älteren und höheren Schotterterrassen ab. Aber unten in den ausgeschürften Tälern, wo es windstill war, entstanden viele Seen durch das zurückgebliebene Gletscherwasser, die allmählich austrockneten und mächtige Moore und Torfe entstehen ließen. Man kann annehmen, dass der Urlech mit seinen enormen Schmelzwassermassen seinen Sand bis zum Tannenberg gespült hat und er sich dann, nach dem vollständigen Abtauen der Gletscher, in östlicher Richtung zurückgezogen hat. Unsere benachbarte Wertach strömte noch in der letzten Eiszeit durch das Flossachtal nach Norden. Erst in späterer Zeit verlegte sie ihr Flussbett in das heutige Wertachtal.

Jenseits unseres Tannenbergs, im weiten Quellgebiet der Neufnach, liegen die alten Schichten des Tertiärs mit ihren Mergeln frei. Sie wurden nicht bedeckt von den angeschwemmten Schottermassen des nachfolgenden Quartärs. Deshalb finden sich da auch unbedeutende Eisenvorkommen.

Erst jetzt kam die gegenwärtige Gestaltung der Erdoberfläche zur Ruhe, und etwa 10000 v. Chr. war die letzte Eiszeit dem heutigen warmen Klima gewichen. Früher oder später wird nun zaghaft der Mensch auch den Boden unserer Heimat betreten haben. In den weiten Tälern und unbewaldeten Ebenen fanden die umherziehenden Sippen als Jäger und Sammler sicherlich genügend Nahrung.

Von den ersten Siedlern in unserer Gegend ist leider wenig erhalten geblieben. Die intensive und jahrhundertelange Bodenbearbeitung mag vieles zerstört haben. Nur vereinzelt finden sich Werkzeuge, wie eine Lanzettaxt mit einem durchgebohrten Loch zur Einführung des Stieles, die man 1855 bei Ettringen ausgrub (liegt im Römermuseum Augsburg). Es handelt sich um eine jungsteinzeitliche schlanke Lochaxt aus grünlichgrauem Felsgestein mit einer Länge von 12,5 cm, einer Höhe von 3,5 cm und einer größten Breite am Schaftloch von 3,7 cm.

Aus der sogenannten Hallstattzeit (etwa 800 – 450 v. Chr.) stammt ein Grabhügelfeld beiderseits der Tussenhauser Straße. 1825 zählte man hier 46 größere und 10 kleinere Grabhügel, so berichtet der K. Landgerichtsassessor v. Pieverling, wovon die meisten 90 – 120 cm, aber auch 200 – 250 cm hoch gewesen sein sollen und deren Durchmesser ziemlich gleich 150 cm betrug auf einer Länge von 3500 m und einer Breite von 2000 m. Von ihnen wurden auch einige geöffnet. Man fand in ihnen ein kupfernes kesselförmiges Becken mit zwei beweglichen eisernen Ringen als Handhabe. Das Gefäß war ca. 25 cm hoch und hatte einen Umfang von ca. 14 cm. Es war mit Asche und Überresten von verbrannten Knochen gefüllt. In anderen fand man zertrümmerte Urnen aus schwarzem Ton, ca. 30 cm hoch und ca. 25 cm weit, ferner einen kleinen römischen Adler aus Gips und Fragmente von Geschirren. Einige ganz leere Grabhügel scheinen, wenn sie nicht schon früher geöffnet worden sind, bloße „Ustrinae“, also Brandstätten zu sein, die zu Hügeln geformt wurden, auf denen die Leichname verbrannt wurden. Diese Grabhügel sind teilweise heute noch zu erkennen an der Grenze der Gemeinde zum Bergerfeld und nördlich der zugeschütteten Kiesgrube am alten Postwege. Der Humus der Hügel ist früher schon abgetragen worden, oder es wurden die leichten Erhebungen bei der Flurbereinigung planiert.

Weitere Hügelgruppen fand man ebenso östlich von Kirchsiebnach und bei Höfen (siehe dort).

Damit treten wir in den letzten Abschnitt der Vorgeschichte ein und erfahren vom großen Volke der Kelten.

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