Geschichte Kirch-Siebnachs


Die Kirche und Kirch-Siebnach

Wohl der schönste Anblick im Bereiche der drei Gemeinden Ettringen – Siebnach – Traunried ist der des Gotteshauses in Kirchsiebnach. Am Rande der großen Ebene steht die Kirche wirkungsvoll erhöht, umrahmt von Wiesen und Wäldern, zu ihren Füßen in den Feldern die Menschen, die hier an Sonn- und Feiertagen die Heilige Messe feiern.

12-Uhr-Läuten (.wav-Datei)

Warum aber wurde die Kirche hier, fern vom Dorfe, errichtet? Die Meinungen darüber sind unterschiedlicher Art. In jedem Fall hatte hier bereits ein römischer Hof bestanden, der eine eigene Quelle besaß und so kann es sein, dass ein vom Heidentum bekehrter Alemanne an dieser Stelle neben seinem Einödhof eine kleine eigene Kirche aus Frömmigkeit erbaut hat, vielleicht aus den Steinen seiner römischen Vorgänger. Denn es ist die Frage, ob seinerzeit schon eine Siedlung im jetzigen Dorfe Siebnach vorhanden war. Andererseits ist es möglich, dass zu der wahrscheinlich in der Nähe gelegenen Siebnacher Burg eine eigene Kirche gebaut worden ist. Hierfür spricht das Erscheinen der Ritter als Patronats- und Vogtsherren der Kirche. Vielleicht war sie ursprünglich eine kleine Schlosskapelle innerhalb der dort angenommenen mittelalterlichen Burg. Auch hier müssen wir resignierend bekennen, wir wissen es nicht.

Nimmt man an, dass Hartmann oder Hermann von Siebeneichen, wahrscheinlich der Kämmerer Kaiser Barbarossas war, der ihm 1168 auf der Flucht aus Italien rettete, tatsächlich aus der Burg Siebenaich stammte, so wäre eine dritte Möglichkeit vorhanden für den Bau eines Gotteshauses an dieser exponierten Stelle. Hartmann oder Hermann soll an einer Pilgerfahrt nach Jerusalem teilgenommen haben, war also beteiligter Ritter an einem Kreuzzug und da der Heilige Georg – der

Drachentöter – als Patron aller Krieger sich einer ganz besonders intensiven Verehrung bei den frommen Kreuzrittern erfreute, könnte es sein, dass Hartmann ein Gelübde abgelegt hat in der Art, dass er bei einer glücklichen und gesunden Heimkehr dem Heiligen Georg zu Ehren eine kleine Kapelle oder gar Kirche errichten würde.

Im Jahr 1238 wird die St.-Georgs-Kirche das erste Mal urkundlich erwähnt. Neben ihr lagen das Mesnerhaus und ein Bauernhof. Als Mutterkirchen für die Siebnacher Kirche werden Steinekirch und Ettringen genannt wie auch die Kirchen von Erringen und Hiltenfingen.

Natürlich hat sich um die Kirche, die nicht im Dorfe gelassen wurde, eine nette Sage gerankt. So wird erzählt, dass man im Dorfe Siebnach eine eigene Kirche bauen wollte. Die Bauern und Fuhrleute hatten fleißig Steine, Kies und Holz herangefahren, sie lagerten es an der Stelle, an der der Bau errichtet werden sollte. Verwundert mussten sie feststellen, ehe sie den ersten Spatenstich vornahmen, dass über Nacht von unsichtbarer Hand das gesamte Baumaterial nach Kirchsiebnach befördert worden war. Dieser Zauber soll sich dreimal ereignet haben. Jetzt erblickten die frommen Dörfler einen Fingerzeig Gottes in diesem eigenartigen Geschehen und erbauten ihre Kirche an der Stelle, die ihnen von einer himmlischen Macht überzeugend gezeigt worden war.

Erst 1593 hören wir wieder von der Kirche, sie wurde inzwischen erneuert und vergrößert. Als Kirchenpatrone wurden für den Choraltar Georg und Johann Baptist angegeben, für die Seitenaltäre Maria-Sebastian und Blasius-Laurentius. Im Jahre 1630 erscheinen für die Altäre neue Namen, nämlich Georg, Silvester und Maria. Aus dieser Zeit stammt auch noch der Unterteil des Kirchturmes.

In den Jahren 1718/19 wurde schließlich die heutige Kirche unter Pfarrer Alois Mayer erbaut. Die Planung und den Bau übernahm der bekannte Ettringer Baumeister Michael Stiller, der im weiten Umkreis einzigartig schöne Kirchenbauten ausgeführt hatte.

Stillers Grundrißzeichnung der Kirche

Notariatsvertrag

   Am 12. März 1717 wurde ein Contract zwischen dem Oberrichter und Notar in Wiedergeltingen und dem Michael Stiller, Gipser und Maurermeister zu Ettringen über den Siebnacher Kirchenbau geschlossen. Den Bau veranlasste Pfarrer Aloysius Mayer unter der Oberaufsicht des Klosters Steingaden, dem damals der Abt Magnus Pracht aus Moos bei Steingaden vorstand. Stiller wurde in diesem Vertrag mit dem Abbruch des „alten Kirchleins“ und der „Aufführung des Langhauses einer großen Kirche zu Siebnach“ beauftragt. Sie solle innen im Licht 58 Schuh in der Länge und 27 Schuh in der Breite messen. In einem „Überschlag über unseren Kirchenbau zu Siebnach“ geht hervor, dass 30.000 Steine von der alten Kirche mit vermauert werden sollten, dazu brauchte Stiller noch 60.000 neue Steine, das „Tausent für 7 Gulden und 30 Kreuzer“. Weiter führte er auf „5000 Kibell Kalch, 250 Füren Sandt, 20.000 Dachziegel und Maurer und Verdienst für Abbruch“, insgesamt 1350 Gulden.

Abrechnung Kirchenbau

Abrechnung Kirchenbau

 Aus einem Bericht vom 23.9.1719 nach Steingaden erfahren wir, dass Michael Stiller 3500 Gulden für seine Arbeit erhalten hat und die gesamte Kirche gegen 7000 Gulden gekostet hat. Weitere Handwerker sind im Verding und in den Rechnungen des Kirchenbaus genannt. Adam Meichelbeck, Zimmermeister von Ettringen, Jakob Fux, Kistler von Hiltenfingen (Kirchengestühl), Sebastian Schmidt, Kistler von Siebnach, Michael Mayr, Glaser von Türkheim, ein Kistler von Türkheim für die Kanzel, Michael Niggl, Maler von Hiltenfingen, Andreas Weiß, Wirt und Ziegler von Siebnach, Conrad Rager, Kalchbrenner, ein Steinmetz von Oberhausen für das marmorsteinerne Pflaster und ein Floßmann von Pforzen für die Bretter. In einer Liste sind 18 Siebnacher, 2 Höfener, ein Traunrieder und 3 Aletshofer aufgeführt, die „Haber“ für den Kirchenbau (natürlich hier für die Zugpferde) abgeliefert haben.

Die zu leistenden Brotlaibe an die Pfarrpfründe

Die Abgabe von Naturalien an die Kirche erfolgte zum letzten Male im Jahre 1929. Aus einer Liste geht hervor, dass 12 Bauern an die Pfarrpfründe Siebnach 43,5 Brotlaibe geliefert haben. In einem Widdums- Kataster vom 2.5.1857 erfahren wir, dass die Pfarr-Widdums-Grundstücke 4,698 Hektar betragen haben. Dazu gehörten: Pfarrhof-Gebäude, Wohnhaus, Nebengebäude, Hofraum, Haus- und Würzgarten, Kirchmad, Krautgarten, Gemeinderecht zu einem ganzen Anteil der noch unverteilten Gemeinde-Gründe, das untere Angerle, das obereAngerle, Triebteil, Holzteil und Kulturteil, insgesamt also 15 Tagwerk und 80 Dezimal.

Widdums Kataster

Der Kirchenbau war nach knapp dreijähriger Bauzeit innen und außen fertiggestellt, sodass im Jahre 1720 die feierliche Weihe des Gotteshauses erfolgen konnte.

 

Der gotische Viereckturm ähnelt dem Ettringer Turm im Innern; denn es befindet sich im Erdgeschoss, in dem sich die ehemalige Sakristei befunden hat, ein gotisches Kreuzgratgewölbe. Ebenso ist ein schmaler Aufgang in der Mauer eingebaut. Auch hier erhebt sich die Frage, ob der Unterteil des Turmes in früherer Zeit Zufluchtsstätte für die Bevölkerung gewesen ist. Die unteren schlitzartigen Fenster ähneln eher Schießscharten als Lichtöffnungen. Eine Antwort auf diese Frage erhalten wir leider nirgends.

Vermutlich erste Aufnahme der Kirche.

 

Seit wann ein Geläut auf dem Turme schwingt und weit in die Ebene ruft, ist unbekannt. Wir wissen lediglich, dass 1830 eine 225 Pfund schwere Glocke umgegossen wurde. Dies geschah in der Bürgerlichen Glockengießerei in Landsberg von einem gewissen Johann Spannagl. Er garantierte den Siebnachern: »Vor dieße Glocken stehe ich guth Jahr und 5 Tag wann aus meiner Schuld sollte etwas geschehen so würde es allzeit unentgeltlich wieder hergestellt«. Vor dem ersten Weltkrieg besaß die Kirche vier Glocken. Sie waren 1882 in der Gießerei Hamm in Augsburg hergestellt worden. Im Winter 1917/18 wurden drei von ihnen von Pfarrer Klein gegen den Willen der Bürger zum Einschmelzen und damit zum Kriegszwecke abgegeben. Es entstanden durch diese wohl patriotische Eigenmächtigkeit starke Differenzen zwischen dem Hirten und seiner Herde, die den Pfarrer im Jahre 1918 veranlassten, Siebnach schmollend den Rücken zu kehren. Erst im Jahre 1922 wurden diese drei Glocken aus der Werkstatt Wolfart in Lauingen ersetzt. Der zweite Weltkrieg forderte abermals das klingende Metall vom Turme, und so kam im Jahre 1950 das heutige Geläut nach Kirchsiebnach.

Wenn wir uns die herrliche Kirche von außen betrachten, so fällt uns auf der Südseite ein kleiner Vorbau auf, in dem der Kerkerheiland mit Schulterwunde dargestellt ist. An der Ostseite befindet sich eine Nische mit einer Heilandsfigur aus dem 16. Jahrhundert. Sie stammt noch aus der alten Kirche vor 1718/19. Der Innenraum wird von Fresken aus dem Marienleben geziert. Diese schuf 1907 der Maler Leonhard Thoma, der aus Fischach stammte und in Traunried Haus Nr. 28 wohnte. Die Laienstuhlwangen und die Ölbilder der Apostel stammen aus dem Jahre der Kirchenerbauung. Die Altäre, Kanzel und Beichtstühle wurden 1801/02 von dem Schreiner Clemens Wilhelm aus Tussenhausen angefertigt. Aus den Jahren um 1675 stammen die Schnitzereien in den Schreinen der Seitenaltäre, wie Maria mit dem Jesuskind und die Heilandsfigur. Der Geißelchristus stellt eine Nachbildung des wundertätigen Bildes vom gegeißelten Heiland in der Wieskirche dar.
Weiterhin hängen allerhand, teilweise gemalte Votivtafeln an der Wand, die von Wallfahrern zu Ehren der Skapuliermadonna nach Erfüllung ihrer inbrünstigen Bitten niedergelegt worden sind. Sie sprechen in ihrer malerischen Einfachheit von gut überstandenen Unfällen oder Krankheiten, Rettungen aus Wassernot. So lesen wir zum Beispiel: „Den 10. Juni 1833 fielen zwey Maurer, Xaver Wagner von hier und Silfest Hölzel von Amberg, von dem hohen Firste der Kirche bis auf den Gottesacker, wurden aber von der Muttergottes wunderbar am Leben erhalten.“

Um den Kirchenhügel schart sich das Gräberfeld des Friedhofes der Gemeinden Siebnach und Traunried. Im April 1980 leitete man auf der Westseite des Friedhofs eine starke Wasserquelle ab. Bei den damit verbundenen Baggerarbeiten fand man ungefähr in Höhe des Westtores eine Ziegelmauer in einer Tiefe von etwa zwei Metern, die bis hinab zu einer grauen Lettenschicht reichte. Dieses alte Fundament wurde nur angeschnitten, deshalb konnte sein Verlauf nicht exakt bestimmt werden. Die entdeckte Mauer hatte eine Dicke von ca. einem Meter. Man kann ohne weiteres annehmen, dass die starke Quelle den Brunnen der Burgbewohner, evtl. den Brunnen einer villa rustica der Römer gespeist hat und dieses Wasser setzte bis zum Zeitpunkt der Ableitung die ausgehobenen Gräber auf der Südseite des Friedhofs unter Wasser.

Die gefundenen Mauerreste können nicht Stützfundamente der jetzigen Kirche sein, da die Entfernung zur Kirche zu groß ist. Wahrscheinlich handelt es sich um den Unterbau der ehemaligen Kirche oder einer alten Burganlage.

Desgleichen fand man im Sommer 1991 beim Bau der Friedhofsmauer an der nordwestlichen Ecke in einer Tiefe von 60 bis 80 cm. eine Rollkiesschicht, die evtl. der Römerzeit zuzuordnen ist. Der Verlauf dieser Schicht ging in Richtung der nördlichen Eingangstüre der Kirche. (Johann Götzfried machte mich auf die Rollkiesschicht aufmerksam).

Außerdem kamen im südlichen Teil, unterhalb des Grabes Schuster wieder Ziegelfundamente zum Vorschein, die entweder der ehemaligen Kirche angehörten oder einem Haus, welches direkt hinter der Kirche lag, wie es in zwei alten Votivbildern dargestellt ist. 

Die Umfassungsmauer wurde im Jahre 1865 durch Frondienst teilweise erhöht und teilweise repariert, die Traunriederseite im Jahre 1951/52. Im Jahre 1987 wurde der Friedhof in Kirchsiebnach von der Gemeinde Ettringen ja nun übernommen mit der gegenseitig vereinbarten Auflage, dass Treppenaufgang und die 150 Meter lange Friedhofsmauer in baulich einwandfreiem Zustand zu übergeben seien. Im Jahre 1989 wurde der Treppenaufgang wiederhergestellt und endlich im Herbst 1991 war die erfolgreiche Sanierung der Friedhofsumfassung abgeschlossen, nachdem man das älteste Stück der Mauer, ca. 50 Meter, abgebrochen und erneuert hatte. Den Rest sanierten die Siebnacher, teilweise durch Eigenleistung. Für den oberen Eingang wurde ein hundert Jahre altes Tor wieder aufgearbeitet und harmonisch in die Mauer eingefügt.

Die Kirche, die etwa 20 m über dem Niveau der Ebene steht, stützt sich nach Osten auf Pfeiler, die bis auf das Straßenniveau herabreichen sollen.

Das Jahr 1666 brachte der Pfarrei Siebnach die Einführung der Skapulierbruderschaft. Damit wurde das Gotteshaus in Kirchsiebnach Wallfahrtskirche. In dem Anwesen Kirchsiebnach 7 wurde in der jetzigen Wohnstube eine kleine Schankstube eingerichtet, in der die Pilger, vom langen Fußmarsch ermüdet, Hunger und Durst stillen konnten.

Die Bruderschaft feierte ihr Hauptfest am Sonntag nach dem Skapulierfest. Bereits 11 Jahre nach der Einführung hören wir von 1000 bis 2000 Andächtigen, die nach Kirchsiebnach wallfahrteten. Lebhaft können wir uns das farbenprächtige Bild vorstellen, welches an diesem Tage der Hügel dort bot. 

Es war im Jahr 1851 als folgender Bruderschaftsbrief aufgestellt wurde: »Marianische Erzbruderschaft des gnadenreichen, wunderwirkenden, hochheiligen Skapuliers der jungfräulichen Mutter Gottes und Himmelkönigin Maria vom Berge Carmelo, in dem löblichen steingadischen Pfarr-Gotteshaus Siebnach, auf dem sogenannten St.-Georgen-Berg. Hierin werden die sonderbaren Gnaden und Freiheiten geschildert, welche die marianischen Erzbruderschaftsmitglieder im Leben, im Tode und nach dem Tode genießen.«

Was versteht man nun unter einem Skapulier ? Es ist ein bedeutender Teil der Mönchstracht.

Anfangs trugen die Mönche einen Überrock mit weiten Armschlitzen, späterhin wurde der durchgehende Schlitz durch mehrere Knöpfe zusammengehalten, bzw. durch ein schmales Band. Dieses Kleidungsstück nennt man ein Skapulier, es ist ein Symbol geistlichen Schutzes. Das Skapulierfest findet jeweils am 16. Juli statt und wurde 1587 zunächst für den Carmeliterorden verordnet. Berichtet wird, dass das Heilige Skapulier von Maria, der göttlichen Mutter und Himmelskönigin, selbst in einer Erscheinung vom 16. Juli 1251 zu Cambridge in England dem hl. Simon Stock, Generalobern der Karmeliten, mit folgenden Worten übergeben wurde: »Empfange, mein geliebter Sohn, dieses Skapulier deines Ordens; es ist das besondere Gnadenzeichen, welches ich für dich und für die Kinder vom Berge Carmel erfleht habe. Wer mit diesem Gewande angetan stirbt, wird vor dem ewigen Feuer bewahrt bleiben, es ist das Zeichen des Heils, eine Schutzwehr in den Gefahren und das Unterpfand eines besonderen Friedens und Schutzes.«

„Diese Erscheinung ist von glaubwürdigen Männern berichtet, von vielen Geschichtsschreibern untersucht, von mehreren Päpsten wie eine sichere Tatsache geglaubt worden, namentlich vom gelehrten und berühmten Papst Benedikt XIV., der noch hinzufügt:

“Wir sind der Ansicht, dass Jedermann sie für wahr halten muss. Auf sie gründet sich auch die von Rom bestätigte, mit Ablässen bereicherte, ja selbst von Benedikt XIII. mit einem Feste (am 16. Juli) verherrlichte Skapulier – Bruderschaft, der seit Jahrhunderten die höchsten Personen geistlichen und weltlichen Standes sich angeschlossen haben.”

Die Bruderschaft des heiligen Skapulier wurde in der Pfarrkirche zu Siebnach auf Anordnung des hochw. Herrn Abtes Augustin Bronnenmayr in Steingaden, wohin die Pfarrei Siebnach damals gehörte, mit Erlaubnis des hochw. Herrn Bischofs Johann Christoph von Augsburg am 23. Mai 1666 eingeführt.“

Zur gleichen Zeit wurde auch in Eppishausen eine Skapulierbruderschaft ins Leben gerufen. Sie feierte den Sonntag vor den Siebnachern ihr Fest. Dazu ging eine Prozession von Siebnach nach Eppishausen, während am darauffolgenden Sonntag die Prozession in umgekehrter Richtung erfolgte. Da sich dabei die Einwohner der beiden Dörfer näher kamen, entstanden bald durch Eheschließungen verwandtschaftliche Beziehungen zwischen ihnen.

Aus einem Verzeichnis der Mitglieder der Skapulierbruderschaft in Siebnach geht hervor, dass sie sich reger Anteilnahme erfreute. Im Jahre 1776 hatten sich 88 Mitglieder eingeschrieben. In den folgenden Jahren waren es oft über 100. Allerdings sind dann nach dem ersten Weltkrieg 1918 lediglich 18 Angehörige der Bruderschaft verzeichnet. Dann fehlen die Aufzeichnungen bis 1936. Sie setzen sich bis 1943 fort und dann kommt nur noch die Eintragung über Neuaufnahmen 1946 mit 37 Mitgliedern. Eine neuerliche Erweckung erfolgte wieder 1987/88 durch Pfarrer Dr. Thaddäus Kucia.

Verzeichnis Skapulierbruderschaft 1772

Vielfältig ist der Wechsel der Pfarrherren in Siebnach. Da die Ortschaft dem Kloster Steingaden unterstand, wurde die Pfarrei als Filiale von hier aus betreut. Im Jahre 1848 starb der letzte Geistliche und Konventuale aus Steingaden in Siebnach nachdem er nunmehr 40 Jahre lang hier seine seelsorgerische Tätigkeit ausgeübt hatte, im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die jeweils meist nur wenige Jahre in Siebnach amtierten. Alle seine Vorgänger hatten Sitz und Stimme im Konvent des Klosters. Mit der Säkularisation erlosch die Besetzung der Pfarrei durch das Kloster, jedoch blieb sie weiterhin offiziell Filialkirche von Steingaden.

Ein Geistlicher sei hier besonders erwähnt. Es ist der in Mindelheim geborene Aloys Lerchenmüller, der von 1848 – 1858 in Siebnach Priester war. Er war der Herausgeber der „Konstitutionellen Kirchenzeitung“ in deren Spalten oft ein kompromissloser, streitbarer Ton herrschte. Lerchenmüller und seine Mitarbeiter traten im damaligen Streit um den Zölibat für seine Abschaffung ein. Lerchenmüller musste deshalb in einem Disziplinarverfahren zweimal widerrufen. Trotzdem muss gesagt werden, dass die Bedeutung seiner Persönlichkeit erst durch die Auswirkungen des Zweiten Vatikanums voll erkannt werden konnten.

Die drei Höfe, die um die Kirche gelagert sind, bestehen schon sehr lange. Das Anwesen nördlich des Gottesackers »beim Füchsle« wurde über mehrere Generationen hinweg stets von einer Tochter übernommen. Die Letzte, sehr lebenslustige und gesangsbegeisterte, hieß Vroni und so wandelte sich der Name des „Füchsle Hofes“ in „bei der Vroni“. Sie bot Wanderern ein eininfaches, uriges Quartier. Ebenso konnte man bei ihr Brotzeit halten und im schattigen Garten ein kühles Bier trinken. Mit ihrem Tode am Weihnachtstag 2000 wurde es wieder ruhig um den Hof, bis ein Neffe mit seiner Frau im Jahre 2005 nach einer Modernisierung des alten Anwesens mit einem Koch den Wirtschaftsbetrieb wieder aufnahm. Der Hof westlich der Kirche wurde bereits erwähnt. Die Landwirtschaft auf dem Bröselesberg, südlich des Gotteshauses, besteht ebenfalls mehrere Generationen lang. Dagegen ist die Einöde auf dem Kusterberg noch keine hundert Jahre alt. Alle vier Anwesen haben in den 80er und 90er Jahren die Landwirtschaft aufgegeben. Trotzdem nimmt die nachbarliche Anwesenheit dieser Höfe der Kirche ihre hehre Einsamkeit und schaffen damit eine innere Verbindung zum Menschen. 

Hier oben, mit dem Blick über das weite Wertachtal, zwischen dem Kusterberg und der Kirche, wird seit dem Jahre 1980 im Sommer unter freiem Himmel, natürlich nur bei schönem Wetter, stets eine Bergmesse gehalten. Die herrlich Lage am schattigen Waldrand lockt jedes Jahr immer mehr Besucher an, zumal nach der Messe der Musikverein noch ein Frühschoppenkonzert gibt und die fleißigen Pilger sich an einer Brotzeit stärken können.

Sonntag, 02.09.2007
Bergmesse in Kirch-Siebnach (Fotos Text: Hartmuth Schmidt

Wie jedes Jahr am ersten Sonntag im September lud der Musikverein Siebnach zur Bergmesse auf die idyllische Waldwiese nördlich der Pfarrkirche. Bei herrlichem Wetter zelebrierte Pfarrer Konrad Kuhn in Vertretung von Pater Michael, der aus seiner Heimat Indien herzliche Grüße sandte, zusammen mit Pater Joe den Gottesdienst in freier Natur. Hunderte von Gläubigen aus nah und fern feierten die Liturgie mit. Die Musikkapelle Siebnach umrahmte die Feier musikalisch und spielte anschließend zu einem gemütlichen Frühschoppen auf.

Nach jahrelangen Diskussionen des Siebnacher Gemeinderats über den Bau und vor allem über den geeigneten Standort einer Leichenhalle ging bei der Gemeindezusammenlegung dieses schwärende Problem auf den neuen, natürlich sehr objektiv eingestellten Ettringer Gemeinderat über. Dieser war an und für sich untereinander sehr bald einig. Jedoch da hatte man die Rechnung ohne den Wirt, bzw. die Siebnacher gemacht. Als der mit Mehrheit angenommene Vorschlag bekannt wurde, erhob sich im Dorf eine mächtige, lautstarke Opposition, die mit einer Bürgerinitiative Unterschriften gegen den Bau dieses Häuschens an dem vorgeschlagenen Ort sammelte. Nachdem nach einigem hin und her der Ettringer Rat unmissverständlich erklärte, entweder hier oder überhaupt nicht mehr zu bauen, gelang der Durchbruch und glücklich konnte endlich am 25.11.1984 die Leichenhalle eingeweiht werden. Gleichzeitig wurde das Kriegerdenkmal renoviert. Ebenso erfolgte im Zuge der Errichtung der architektonischen gut gelösten Aufbahrungsstätte zugleich die notwendige Erweiterung des Friedhofs nach Osten. In allem konnten 104 neue Grabstellen vorgesehen werden. Insgesamt kostete die Maßnahme rund 200.000 DM wobei die Leichenhalle mit 80.000 DM zu Buche schlug. Heute haben sich alle an den Anblick dieses kleine Hauses für die Verstorbenen, das wie ein Wächter vor dem Friedhofstor steht gewöhnt, ohne dass es den einzigartigen Anblick der weithin sichtbaren Kirche auf dem Berg mindert.

Am Fuße des Berges und der Kirche versammelte sich im August des Jahres 1972 eine große Schar von Gläubigen um den Segen bei der Primiz des Paters Berthold Kirchlechner, der aus einem Bauernhaus in Unterhöfen stammte, zu empfangen.

Wohl keiner hat so treffende Worte für das einmalig herrlich gelegene Gotteshaus in Kirchsiebnach gefunden wie der damaliger Pfarrer Franz Hörmann. Deshalb soll er am Schlusse dieses Kapitels zu Worte kommen.

»Die Pfarrkirche in Siebnach ist ein Bauwerk. Man mag sie schauen zu irgendeiner Tageszeit, beim Frührot, in voller Sonne, am sinkenden Abend, immer ist sie echt und schön. Michael Stiller hat sie meisterlich auf den Hügel gestellt. Ihre volle Schönheit aber zeigt diese Kirche bei Nacht, im Mondlicht muss man sie sehen, von einem Feldweg aus, dann gewinnt man sie lieb. Da steht sie droben wie ein Kastell Gottes; klar hebt sich ihre beleuchtete Masse vom Dunkel der Wälder und von der Bläue des nächtlichen Himmels ab. Wer sentimental ist, dürfte sagen: sie steht droben wie ein heiliges Märchen.

 ➡  Pfarrer Kirchspiel Siebnach

 

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