Hans Gut Story – Erinnerungen an meine Kindheit in Siebnach

 
Zur Person

Hans Gut geb. 1. April 1917. Ich bin im November 1953 nach Kanada ausgewandert. 1948 habe ich einen Antrag gestellt und 1953 unerwartet vom kanadischen Konsulat einen Brief bekommen, ob ich noch die Absicht habe.

Kurz entschlossen, aber nach Abraten meiner Angehörigen und meiner Frau bin ich mit Frau und 6 Jahre alten Sohn nach 8 tägiger Seereise in der Stadt Quebec in Kanada angekommen. Von dort kamen wir am 11. November in Toronto an.
Bei Ankunft waren 50 Dollar unser einziges Vermögen.

Am nächsten Tag fand ich bei einem deutschen Geschäftsinhaber, der genau wusste, dass Neuankömmlinge am billigsten arbeiten, eine Anstellung als Metzger. Um mehr zu verdienen war ich nach in paar Wochen Bauarbeiter, dann Materialmixer in einer Glasfabrik.
Als mein Englisch einigermaßen verständlich war, fand ich eine Anstellung als Fleisch – Departement – Manager in einem Kolonialwaren Geschäft. Meine letzte und zufriedenstellendste Beschäftigung bis zu meiner Pensionierung mit 65 Jahren war „Staatlicher-Fleisch-Produkt-Inspektor“.
Von 1953 bis 1959 haben meine Frau und ich verschiedene Nebenarbeiten gemacht, bis wir genug gespart hatten um ein Haus anzuzahlen. Sohn Wolfgang hat sich durch Zeitungsaustragen sein Taschengeld verdient und später durch Stipendien und Arbeit sein Universitätsstudium selbst erworben.

Nach meiner Pensionierung sind wir dann nach Edmonton gezogen, da unser Sohn dort eine Familie gegründet hatte, einen Buben und zwei Mädchen. Wir waren behilflich die Kleinen zu versorgen und sind jetzt froh, dass sie uns versorgen. Unser Sohn war beim Povince Alberta Research Counsel als Personal Direktor angestellt (400 Angestellte) und hat sich nach 25 Jahren pensionieren lassen. Er wohnt zwei Straßen von uns entfernt. Jeden Morgen bringt er uns die Zeitung (nachdem er sie gelesen hat), dabei sieht er, dass wir noch „schnaufen“.

Erinnerung von einem Schulbuben 4. Klasse 1927 in Kirchsiebnach

Prominente Persönlichkeiten der Gemeinde Siebnach:
Seelsorger Hochwürden Herr Schneider, Herr Bürgermeister Sirch, Herr Hauptlehrer Dünser, Herr Molkerei-Geschäftsleiter Gut.

Seelsorger, Bürgermeister, Hauptlehrer und Käser haben mindestens einmal in der Woche beim Unteren Wirt Schafkopf gespielt. Diese VIER wurden von manchen Siebnachern der „Vierer Rat“ genannt.

Hochwürden kannte jeden Einwohner von innen und außen, haben ihm ja alles gebeichtet. Hat sich aber beim „Vierer Rat“ an seine theosophische Verpflichtung gehalten. Mir hat er immer eine EINS gegeben im Schulzeugnis. Wahrscheinlich weil ich ein guter Ministrant war, die Orgel – Luftpresse gut bedient habe wenn ich dazu eingeteilt war und das Confiteor auswendig konnte und das MEA CULPA – MEA MAXIMA CULPA laut ausgesprochen habe.

Der Bürgermeister war nach meiner Meinung ein guter Gemeindeverwalter.Er hatte zwei Söhne die als hochnäsig bekannt waren. Wahrscheinlich weil der Vater Bürgermeister war.

Der Herr Hauptlehrer war nach meiner Ansicht ein Egoist. Als ich in der vierten Klasse war hat er mein Nasenbein verletzt. Er hatte im Schreibpult ungefähr ein Dzd. Haselnuss Ruten. Wenn ein Schüler an der Tafel stand, hatte er die Gewohnheit den Schüler auf den Hintern zu klopfen wenn ihm etwas nicht gefallen hat. Je nach Belieben, sanft oder wuchtig.Eines Tages hatten Buben der älteren Klasse alle Ruten in der Schublade eingeschnitten. Erster Hieb, Rute gebrochen. Neue Rute dasselbe.Als die dritte Rute knackte bin ich mit lautem Lachen von meiner Bank hoch gehüpft. Ich habe in der ersten Bank rechts aussen gesessen, neben dem Holzkasten mit Holzscheitern für den Kachelofen. Herr Hauptlehrer mit rotem Gesicht vor Wut, nahm ein Holzscheit aus dem Kasten und schlug mich über den Kopf auf die Nase. Mit Hilfe durch Taschentuch hinhalten hat das Bluten aufgehört. Als ich von der Schule heim kam, hat sich meine Mutter gewundert was passiert war. Mein Bruder Kaspar welcher im selben Schulraum war (und einer der Urheber was sich später herum gesprochen hat), erzählte meiner Mutter was sich zugetragen hat. Mutter sagte, wird schon heilen und wartete auf Vaters Meinung. Als er mich am nächsten Morgen anschaute, war die Nase und Gesicht geschwollen, aber kein Blut mehr. Fall erledigt.

Als ich im April 1936 zum Reichsarbeitsdienst in Berka an der Vera eingezogen wurde, bin ich auf mein körperliches Wohl untersucht worden. Der Arzt stellte ein leichtes Wispern von der Nase kommend fest und entdeckte den kleinen Knorpel in der Nase (Ich dachte an Herrn Hauptlehrer). Musste 12 Liegestützen machen. Die darauf folgende Pulsmessung hat ergeben, dass ich für den Reichs-arbeitsdienst fähig war.

Zweite Erinnerung an Herrn Hauptlehrer

Nach Kriegsende fühlten sich die Sieger nicht mehr bündig an die Genfer Konvention und entschlossen sich die deutschen Kriegsgefangenen arbeiten zu lassen (Bin im Mai 1943 in Tunesien in Gefangenschaft geraten). Bin im Juni 1945 im Durchgangslager CASA GRANADA ARIZONA gründlich untersucht worden. Mussten besonders die Arme hoch heben, sie schauten für eventuelle Merkmale die zur Angehörigkeit der SS führen könnte.Bei mir war wieder der Knorpel am Nasenbein auffallend. Als der Dolmetscher, auch ein deutscher Kriegsgefangener, versuchte meine Erklärung zu übersetzen, hat der Arzt gelächelt und gemeint, ich wäre vielleicht als Kind die Treppe hinunter gefallen und hätte keine Erinnerung davon.

Mein Vater Xaver Gut, war der vierte Schafskopf Spieler und Käsermeister der Molkerei von der Milchgenossenschaft Siebnach. Er war voll beschäftigt mit der Molkerei und seinem Vergnügen der Jagd. Er war Jagdpächter vom Gemeindebereich Siebnach. Die Familienangelegenheiten hat er so ziemlich unser lieben Mutter überlassen. Eines der Gemeinde-Vergnügen war die jährliche Hasenjagd.
Schulbuben und Hunde trieben die Hasen der Wertach entlang aus Büschen und Feldern. Der Erfolg der Jagd wurde für alle Teilnehmer am folgenden Tag beim Hasen Wirt gefeiert. Hasenbraten mit den entsprechenden Zutaten. Der Brauch war, dass ein Tisch eine gebratene Katze serviert bekam. Nachdem so ungefähr ein Bierfass leer war, kam der Koch und gab den „Katzentisch“ bekannt, welcher für den gesamten Bierverbrauch verantwortlich war. Die Jäger aus der Umgebung waren alle ziemlich gut bemittelt und konnten sich das leisten.

1928 wurde meinem Vater sein Vertrag gekündigt. Die Bauern waren über den Erlös für ihre Milch nicht mehr einverstanden. Das Geld war so wertlos, dass mein Vater die Papierscheine im Rucksack von der Bank in Türkheim abholen musste. Der Renz Sepp hat gemeint lauter Altweiber-Geschwätz, der Gut hat den Rucksack nicht ganz leer gemacht. Die Familie Gut hat sich darauf in Geltendorf niedergelassen. Ich habe mich selbst(im Einverständnis meiner Eltern) als Hütenjunge nach Warmesried verdingt. Der Hilfslehrer (war vielleicht Sohn), kann mich nicht mehr genau erinnern, hatte dasselbe Temperament wie Herr Hauptlehrer.
Bei einer Gesangsübung musste ich plötzlich Niesen und habe dabei mein Gesicht verzogen. Hat der mir eine Mundschelle verpasst und gesagt warum lachst du. Bin nicht mehr gerne zur Schule gegangen. Bei einem Schafkopfabend fragte Herr Hauptlehrer ob ich krank wäre, da ich die ganze Woche nicht in der Schule war. Ich war bei dem Bauer in der Nachbarschaft der Schule. Dort habe ich mich oft herum getrieben, auch während den Mittagspausen. Frau Hochleitner die Bäuerin hat mir öfters Pfannenkuchen gemacht unter Anderem. Sie war die Tochter vom Mayer Bauer in Warmesried und die Urheberin, dass ich dort Hirtenbube wurde.

Denke nach so vielen Jahren oft nach Siebnach zurück. Mich wundert, wie es dem hübschesten Mädchen in der Schule, Sophie Baumann, ergangen ist.

 

 

 

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