Siebnach als Besitz des Klosters Steingaden

Vom Dorfe Siebnach wurde bisher noch nicht gesprochen. Es gehörte ja zu der Welfenstiftung Steingaden, deshalb ist es mit dem Schicksal des Klosters eng verbunden.

Zu Beginn des 12. Jahrhunderts, im Jahre 1120, gründeten die Prämonstratenser in Premontre ein Kloster. Sie errichteten 1147 ein weiteres an der Stelle, an der der Sage nach der heilige Norbert auf seiner Romreise geruht und gerastet haben soll. Hier stand ein Haus aus Stein, einen Gaden (Stockwerk) hoch. Dies soll der Ursprung des Wortes Steingaden sein. Gründer des Klosters war Welf VI., auch der Gute und Fromme genannt. Er bewohnte die Burg Peiting und da er eben sehr fromm war und der Abt Bernhard von Clairvaux und Papst Eugen III. ihn zu einem Kreuzzug nach Palästina eingeladen hatten, stiftete er vor seiner Abreise das Kloster, welches fortan von den Prämonstratensern bewohnt werden sollte. 1191 starb Welf VI. im gesegneten Alter von 76 Jahren. Seine Gebeine wurden in Steingaden beigesetzt. Im Zuge der allgemeinen Säkularisation wurde das Kloster im Jahre 1803 aufgelöst.

Soweit grob die Historie vom Kloster Steingaden. Wenn auch Siebenaich nun diesem Kloster gehörte, so war es doch die meiste Zeit verpfändet. Und die Pfandinhaber pressten das Letzte aus der armen Bevölkerung; herrschaftliche Willkür und böse Drohungen gehörten zur Tagesordnung. Dabei war die Rechtslage oft sehr unübersichtlich. Ganz Siebnach unterstand mit der hohen Gerichtsbarkeit auf der einen Seite der Herrschaft zu Schwabegg, auf der anderen Seite wurde die niedere vom Kloster ausgeübt, kein Wunder, dass es hierbei immer wieder zu Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Vögten und dem Kloster kam. Und so fromm und menschenfreundlich waren die Äbte nun auch wieder nicht, wenn es um das liebe irdische Gut und Geld ging.

Nachdem 1375 Kraft dem Waaler die Herrschaft zu Schwabegg verpfändet worden war, erhielt er am 25. November 1377 auch die Nutzung der Dörfer Siebnach und Wiedergeltingen um 800 Goldgulden.

Gleich dem Dorfe Ettringen wurde ebenfalls Siebnach im Jahre 1434 an den Pfleger zu Friedberg Wilhelm von Riethaim verpfändet. In dieser Urkunde wird die »Veste« Siebnach bereits nicht mehr aufgeführt, während sie in einem Vertrage aus dem Jahre 1377 noch genannt wird. Kurz vor der Pfandübergabe an den Riethaim, im Jahre 1421, wird lediglich ein aufgelassener Hof erwähnt, der »Wisin«.

Er gehörte dem Spital in Kaufbeuren, das Kloster Weingarten hatte ihn zum Lehen. Im Jahre 1536 wurde ein Teil des Hofes einem Hans Schwinkreißt in Siebenaich verkauft, er war der letzte Bewohner der Burg. Wahrscheinlich hat er in diesem Jahre die verfallende »Festung« verlassen, da sie unbewohnbar geworden war, wie schon vorher besprochen.

Westansicht 1977

Westansicht 1977

Das Hofgut »Wisin« soll auf dem Wiesenfeld etwa einen Kilometer südlich der Ortschaft zwischen dem Mühlbach und den Wertachauen gelegen haben. Das vermutete Gelände wird von dem schmalen Moosgraben durchflossen. Im 13. Jahrhundert wurde das Anwesen das erste Mal erwähnt, es umfasste 40 Tagwerk Acker, alle beim Gut gelegen, und 40 Tagwerk Mahd. 1421 war der Hof bereits in zwei Halbhöfe aufgeteilt worden, wovon einer eben in diesem Jahre von dem Augsburger Bürger Ulrich Wessisbrunner an das Spital in Kaufbeuren verkauft wurde. Der andere wurde 1475 von Angehörigen des Münchner Bürgergeschlechts Messerschmid an die Sondersiechenpflege in Mindelheim verkauft. 1551 überließ das Kloster Weingarten die Lehenschaft dem in Amberg wohnenden Bartolomäus Welser, dem ja auch Ostettringen gehörte. Sein Enkel Heinrich verkaufte den stark zusammengeschmolzenen Grundbesitz 1604 endgültig an das Kloster Steingaden (15 Tagwerk Acker, 10 Tagwerk Mahd). Das berichten Urkunden des Klosters Steingaden im HStA. München. Im Kaufbeurer Urkundenbuch von Dr. Dertsch wird dagegen festgestellt, dass »Wisin« eine der vielen spätestens im 15. Jahrhundert abgegangenen Siedlungen, also eine Wüstung sei.

Forscht man der vielfältigen Geschichte eines Ortes nach, so bleibt man stets an handgeschriebenen, oft gesiegelten Urkunden hängen, die entweder einen Besitzwechsel angeben oder von Abgaben handeln, die nicht pünktlich bzw. vollständig entrichtet wurden, oder sonstigen erfreulichen, zumeist aber leider unerfreulichen Begebenheiten, auf deutsch gesagt von krummen Touren handeln.

So lesen wir, dass im Jahre 1502 der Ammann von Siebenaich von einem Jäger des Conrad von Riethaim erschossen worden ist, da am 28. Jänner 1503 ein Schriftwechsel in dieser Angelegenheit erfolgte. 10 Jahre später befahl Kaiser Maximilian I. dem Abt Ulrich von Steingaden, seine Untertanen und Hintersassen zu Siebenaich anzuhalten, den Brücken- und Huet-Haber von ihrem Viehtrieb, Holz, Heu und anderes zu bezahlen, welches über die Hiltenfinger Brücke geführt wurde. Damit wurden die alten Erringer Rechte endgültig aufgehoben.

Das Jahr 1529 brachte eine harte Herrschaft den bedauernswerten Siebnachern durch Wolf Dietrich von Knöringen. Er muss ein sehr selbstbewusster und vielleicht auch herrischer Mann gewesen sein; denn er ging so weit, dass er sogar Herr der Untertanen von Steingaden sein wollte und sie kräftig zur Kasse bat. Er war es besonders, der seine Kompetenzen geschickt, fast hemdsärmlig überzog und das Recht zur Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit, die das Kloster ja seit eh und je ausübte, zu seinen Gunsten aushöhlte. Man schrieb das Jahr 1533 als der Abt in einer solchen Streitigkeit Recht behielt, und man sprach ihm weiterhin die niedere Gerichtsbarkeit im Dorfe Siebenaich zu. Dieser Bescheid wurde ebenfalls in einem weiteren Urteile bestätigt. Außerdem lesen wir, dass im gleichen Jahre Michael Schwinkreißt zu Siebenaich sich bei Herzog Wilhelm in Bayern beschwerte, weil er wegen eines »Rumorhandels und Frevels« von dem raffgierigen Wolf Dietrich von Knöringen um 150 Gulden bestraft worden war, während ihn sein Gerichtsherr, der Abt zu Steingaden, nur um fünf Gulden bestrafte. Schwinkreißt hatte Erfolg, und Knöringen musste von der Strafe Abstand nehmen. 15 Jahre später hatte er wiederum unbefugterweise zwei Hintersassen von Siebenaich wegen eines Raufhandels unter Arrest gestellt, um sie gegen eine Kaution von 300 Gulden freizulassen. Da der Abt von Steingaden die niedere Gerichtsbarkeit im Orte weiterhin ausübte, verwahrte er sich gegen die selbstherrlichen Übergriffe des unbequemen Knöringen, dem anscheinend jedes Mittel recht war, hinter Geld zu kommen, gleich wie.

Solche »Irrungen« erfolgten häufig, ob gewollt oder ungewollt, unter dem Pfandinhaber Wolf Dietrich von Knöringen. Hatte er doch mit der Pfandverleihung das sogenannte Halsgericht mit übernommen, d. h. das Gericht, welches über schwere Leibes- und Lebensstrafen entschied, während die niedere Gerichtsbarkeit eben dem Prälaten vorbehalten war. Das Berufungsgericht hatten die Herzöge von Bayern inne. Aus diesem Grunde war in Siebnach ein Ammann oder Richter ansässig, der späterhin Vogt genannt wurde und der klösterlichen Obervogtei in Wiedergeltingen unterstand. War es ein Wunder, dass bei dieser komplizierten Rechtslage Kompetenzüberschneidungen erfolgten, die der Knöringer natürlich vor allem zu seinen Gunsten auslegte?

Daraufhin wurde im Jahre 1580 folgendes festgelegt: »Das Malefizgericht (Kriminalgericht) der Grafschaft Schwabegg muss nach altem Herkommen folgendermaßen besetzt und gehalten werden. Sechs Urteilspersonen haben aus dem Steingadischen Teil zu kommen (zwei aus Wiedergeltingen, zwei aus Oberirsingen und zwei aus Siebenaich) und sechs aus dem Schwabeggschen Teil (zwei aus Hiltenfingen, zwei aus Türkheim und zwei aus Ettringen)«. Der Malefizrichter empfing vom Herzog in Bayern die ausdrückliche Macht des Blutbanns, d. h. zu richten über Leben und Tod, und den Reichsstab als Zeichen der richterlichen Gewalt. (Daher der Ausdruck, den Stab über jemanden brechen).

Zehn Jahre vorher hatte der Prälat des Klosters versprochen, die Gemeinde niemals mit der Leibeigenschaft zu beschweren. Trotzdem bestanden weiterhin Dienstpflichten und Steuerzahlungen, die erst nach und nach durch höhere Zinszahlungen abgebaut werden konnten.

1699 kam es abermals zu einem Vergleich zwischen dem Kloster Steingaden und seinen Untertanen in der Grafschaft Schwabegg über grund- und leibherrliche Ansprüche des Klosters. So lesen wir in dem damaligen Amtsdeutsch:

Zu wissen. Demnach sich eine geraume Zeit hero zwischen dem loeblichen Gotteshauß zu Steingaden, als Ihro Hochwuerden dem jetzigen Herrn Abbten Augustino und dessen gesamten Capitul an einem, dann, deren Unterthanen zu Widergelting, Sibenach und Irsingen, so ermeltem Kloster mit der niedern Gerichtbarkeit und Grund-Diensten unterworffen, sonsten aber in der Grafschaft Schwabeck entlegen seyndt, ändern Theils, wegen verweigerter veranleiter Freystiffts-Gerechtigkeit, oder Herrn Gunst- Leibeigenschafft, Todfaell, und anderes, Stritt- und Irrung zugetragen, also, daß diese Stritigkeiten vor Ihro Hochfuerstl. Durchl. Herzogen Maximilian Philipps in Bayern etc. hochloeblichen Hofrath in Muenchen erwachsen: als ist von deroselben wegen zu Fuereinanderbringung der Sachen auf den 19. Octobris Anno diß eine gnaedigste Commißion ad locum nacher Widergelting angesetzt, und allda den 20. dito hinach auf sehr bewegliches Zusprechen der gnaedigst verordnet gewesten Herrn Commisarien folgender Vergleich gemacht und beschlossen worden.

Als Erstlichen hat Eingangs gemeltes Kloster Steingaden allen und jeden Unterthanen an denen verstandnen drey Doerffern Widergelting, Sibenach und Irsing auf ihren behubten Guetern, als gantz, halb und vierteis Hoefen, anstatt vorhin gehabter Baudings-Stuefft nunmehr veranlaite Freystueffts-Gerechtigkeit oder Herrn Gunst, denen Churbayrischen Landrechten gemaeß verliehen und verlassen: also zwar und dergestalten, daß sie nach Ausweisung erstbesagte Churbayrischen Landrechten ermelte Gueter ueber vorher erlangt grundherrschaftlichen Consens nach jedem Belieben uebergeben, verkauften, und vertauschen, oder in andere Weeg darmit handlen, thun und lassen moegen, als in denen Churbayrischen Landrechten einem veranleiten Freystueffter zugelassen; massen der zukuenftigen Zufaell halber um allseitige Erleuterung, weilen mehr beruehrte churbayrische Landrecht zur unmittelbahren Richtschnur vorgeschrieben seyn, und damithin auf solche Weiß der Kloster Steingadischen Baudings-Articul, sovil die strittige Puncten betrifft, voellig ab, todt, gefallen, und wuercklichen aufgehebt seyn solle…

…Fuenfftens den sogenannten Todtfall, ist in specie auch dises verglichen worden, daß die Unterthanen aus den obigen drey Doerffern, an welche man auf Absterben des Manns das beste Roß, auf des Weibs Todfall aber die beste reverendo Kuh, und jedesmal fuer den Richter das saeberiste Kleid hat praetendieren wollen, hinfuehro weder da Roß noch die Kuh, weniger das erwaehnte Kleid gar nit mehr geben doerffen, und also quo ad hoc punctum der mit den Sibnachern den 21. Novembris Anno 1570 gemachte Vergleich mutiert und aufgehebt ist: hingegen sollen sie anstatt dessen allen auf Absterben des Manns (sodann das Weib stirbt, hat das Kloster gantz und gar nichts zu begehren) von jedem Hundert Kauft- Tausch- Übergabs oder anderen dergleichen Summen drey Gulden Abfahrt zu geben verbunden sein: wobey doch zu mercken, daß de Anfall oder Bestand jedesmahl von dem angehenden Mayr, die Abfahrt aber von des verstorbnen Manns Erben muesse bezahlt werden, ueber obiges beynebens des Kloster Steingaden von Grundherrschaffts wegen etwas weiters zu begehren nit befugt sein solle.

Sechstens solle es wegen der Hofstaett, auch Krautgaerten und Maeder bey dem vor allegiert Sibenachischen Vergleich allerdings sein Verbleiben haben; also zwar daß die Unterthanen in obigen drey Flecken von einer Hofstaett ein mehrers nit, als ein Gulden, oder von der Besten meistens einen Reichsthaler, wegen der Krautgaerten und Maeder aber von jedem Gulden, wie selb verkaufft oder veraendert werden, ein Kreutzer Bestand geben und erlegen doerffen, jedoch von denen landmiet- und einschichtigen Guelt-Aeckern auf begebenden Veraenderungs-Fall kuenfftighin zween Kreutzer zum Bestand sollen bezahlt werden: die Rait-Aecker und andere grundeigne Stuck aber sollen gar nit bestandt werden, sondern es solle dißfalls gaentzlich bey den Raitbrief sein ungeändertes Verbleiben haben…

…So geschehen, und geben zu Widergelting, den 20. Monaths-Tag Octobris, des ein tausend sechs hundert neun und neunzigsten Jahrs.

Seit den Bauernaufständen Anfang des 16. Jahrhunderts haben immer wieder die Bauern ihren Herren passiven und aktiven Widerstand oft zu recht entgegengesetzt. Es gab deshalb ab und zu Aktionen, die Unruhen eben auch in die nach Schwaben hinein reichende Klosterherrschaft Steingaden trugen wegen der Leibeigenschaft, der Rechtsqualität der Güter, der Steuern und der Dienste. So kam es zu dem oben angeführten Vergleich im Jahre 1699 zwischen dem Kloster Steingaden und seinen Untertanen in der Grafschaft Schwabegg über grund- und leibherrliche Ansprüche des Klosters.

Westansicht 1977

Westansicht 1977

Zu damaliger Zeit war Siebenaich ein Dorf mit einer ziemlichen Anzahl Höfen. Der Ortskern lag zwischen der Mühle, die bereits 1120 bestand, im Süden und der Gastwirtschaft »Zum Mohren« im Norden. Im Jahre 1419 wird die Kapelle zum ersten Male erwähnt. 1575 wird sie wieder neu gebaut, ebenso wird 1588 die Schankwirtschaft, die niedergebrannt war, mit Stall und Scheune neu erstellt.

 

Augsburger Meilenscheibe von 1560

Augsburger Meilenscheibe von 1560

Interessant ist in diesem Zusammenhang die hier abgebildete „Augsburger Meilenscheibe“ aus der Zeit um 1560. Sie zeigt einen in einem Quadrat eingeschriebenen Kreis, in dessen Mitte sich ein Stadtplan von Augsburg befindet. Von ihm aus sind in 12 Segmenten die Reiseverbindungen in die Städte Innsbruck, München, Salzburg, Landshut, Regensburg, Nürnberg, Würzburg, Frankfurt, Speyer, Heilbronn, Straßburg und Lindau wiedergegeben. Als Wegmarken an der Strecke sind die Städte, Dörfer, Märkte und Klöster genannt. Hierbei ist auch Simnach auf der Strecke von Lindau nach Augsburg aufgezeichnet. Die Entfernungen untereinander werden in alten deutschen Meilen angegeben, wobei eine Meile zwei Wegstunden oder 7,4 Kilometern entspricht.

Im Jahr 1676 muss eine Badestube in Siebnach vorhanden gewesen sein; denn in diesem Jahr wird im Kirchenbuch die Beerdigung eines Joannes Zientner, von Beruf: Bader, verzeichnet. Zehn Jahre später lesen wir von einem Bader Joan, Rupertus Krauß. Unter dem Datum vom 14.2.1680 steht eine Beerdigung des Gastwirts Joannes Freiberger, natürlich erfahren wir aus dem dicken Matrikelbuch nicht, welche Gastwirtschaft er betrieben hat.

Der alte Maierhof (Mühlenstraße 15) stand schräg gegenüber dem Pfarrhofe, dem südlich die Stadel für das Zehentgetreide vorgelagert waren (Mühlenstraße 12).

Sie wurden von den durchmarschierenden Franzosen im Jahre 1800 geplündert. General Moreau streifte mit seinen Truppen auch unsere Gegend, als er in Richtung des Großen Sankt-Bernhard-Passes marschierte, um in Oberitalien bei Marengo die Österreicher zu schlagen. Am 27. Mai hatten die Franzosen ein offenes Feldlager bei Lechfeld aufgeschlagen, welches monatelang bestehen blieb. Von hier aus operierten Napoleons Truppen in Süddeutschland, bis am 3. Dezember 1800 im Wald von Hohenlinden bei Ebersberg in Oberbayern der 18jährige Erzherzog Johann mit seinem General Lauer und etwa 60.000 Mann von den ca. 70.000 Franzosen unter den bewährten Generälen Moreau und Michel Ney vernichtend geschlagen wurden.

Am Anfang dieser geschilderten Ereignisse traf am 26. Mai 1800 eine französische Husarenabteilung in Siebnach ein, um das noch eingelagerte Getreide in den beiden Zehentstädeln zu beschlagnahmen. Der Schmied und Stiftungspfleger Joseph Baumann wurde beim Versuch, durch gutes Zureden die rücksichtslosen Plünderer von ihrem Vorhaben abzuhalten, erstochen. Im Sterberegister der Pfarrei ist darüber folgendes zu lesen:

»Joseph Baumann, Schmied von hier, Pfleger der Kirche und Bruderschaft, großer Wohltäter, hat sich während des gallischen Krieges sehr um die Gläubigen angenommen, wurde in Verteidigung der Zehentstädel von einem französischen Husaren erstochen am 26. Mai -1800«.

Lange Zeit erinnerte ein Marterl am Ort des bösen Geschehens an den tapferen Mann. Es stand auf der Ostseite des ehemaligen Schweinestalls und der Traktorgarage vom Hof Mühlenstraße 11. Das unauffällige Marterl war aus Eisen gefertigt und der Text hinter zwei kleinen Türchen verborgen.

Die Zehentstädel wurden im Jahre 1803 nach der Säkularisation des Klosters zu Steingaden abgebrochen. Wie auch in Ettringen, so wütete in den Jahren 1627-29 in Siebnach die grässliche Pest. Etwa 600 m nördlich der Häuser der Ortschaft an der Straße nach Kirchsiebnach steht ein altes verwittertes Steinkreuz. Sein Ursprung ist unbekannt, man weiß nicht, ob es sich hier um ein sogenanntes Pestkreuz handelt oder um ein mittelalterliches Sühnekreuz. Viel spräche für ein Pestkreuz, da der Pestfriedhof nördlich der Kapelle gelegen haben soll.

Ein anderes altes und verwittertes Feldkreuz stand auf den sogenannten Kreuzwiesen, linkerhand der Straße Siebnach – Höfen, nördlich des Abzweigs nach Kirchsiebnach. Dieses eichene Kreuz wurde im Jahre 1866 von dem Bauern Hörterich in der

Ostansicht 1977

Ostansicht 1977

 Wiese des Maierbauern errichtet. (Mündliche Mitteilung von Joseph Miller). Während eines starken Sturmes im März 1982 brach es im Schaft ab. Leider wurde es nicht mehr ersetzt.

Wie überall, so hauste der 30jährige Krieg auch hier. Die meisten Häuser brannten im Jahre 1632 unter schwedischer Besatzung ab. Gerade deswegen erhielt 1634 die Kapelle die Genehmigung der Aufbewahrung des Allerheiligsten. Wie sich das Kloster doch um seine Untertanen und seine Liegenschaften in Siebnach kümmerte ersehen wir daraus, dass unter dem Abte Norbert Marstaller (1623-1645) der Pfarrhof, das Stadl, die Mühle, der Maierhof und die Schankwirtschaft wieder aufgebaut wurden.

Erste Seite vom Kirchenbuch 1652

Erste Seite vom Kirchenbuch 1652

Unter den schwedisch-französischen Truppen hatte Siebnach im Jahre 1646 nochmals stark zu leiden. Während dieser Jahre wurden leider die Kirchenbücher vernichtet.

Jedoch sind sie ab Januar 1652 wieder vollständig vorhanden. Angelegt wurden sie von einem Pfarrer namens Servatius Scharph von den Praemonstratensern in Steingaden. 

Kirchenbuch von 1677

Kirchenbuch von 1677

In ihnen sind teilweise interessante Begebenheiten vermerkt. So wurde 1776 in Traunried ein Joannes Miller von einem tollwütigen Hund tödlich verletzt. Am 28.6.1665 erschlug ein Blitz einen Martin Wagner aus Siebnach. Desgleichen lesen wir, dass am 16.4.1676 ein Joannes Baumann von einem Zugpferd so geschlagen worden ist, dass er an der Verwundung starb. Ebenso findet man immer wieder Eintragungen vom Tode Fremder, die auf der Wanderschaft waren, scheinbar heimatlos, wie auch von einem Tod eines zwölfjährigen Kindes, welches in Traunried in großer Armut verstarb.

Kirchenbuch 1652

Kirchenbuch 1652

 

Natürlich ist die Anzahl der verstorbenen Kinder auch hier, wie andernorts sehr groß, besonders von denjenigen, die einen oder nur mehrere Tage gelebt haben. Ebenso finden sich nüchterne Mitteilungen über Frauen, die im Kindbett starben.

Doch nun noch einmal zurück zum Ende des Dreißigjährigen Krieges. Der lang ersehnte Frieden kam, und Siebnach erholte sich wieder. Am 20. Oktober 1699 kam es zu einem Vergleich zwischen dem Kloster in Steingaden und seinen Hintersassen in Siebnach – jetzt zum ersten Male Siebnach geschrieben. Die Ortschaft erhielt den Status eines Herrengunstgutes, d. h. auf Widerruf wurde den Bauern der Hof verliehen. Sie mussten dafür 500 Gulden zahlen, und zwar pro Jahr 100. Diese Summe war natürlich viel zu hoch gegriffen und die Abzahlung schleppte sich fast 100 Jahre lang hin, denn erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Höfe vollständiges Eigentum der Bauern, und die Reallasten waren endgültig und restlos abgelöst, bis auf einige Höfe, die dem Kloster gehörten. Ihr Hof war mit Kies und Steinen befestigt. Das waren die Mühle, Mühlenstraße 1 und die Höfe Mosfeldstraße 2, und Mühlenstraße 11.

Besonders erwähnt werden muss in diesem Jahrhundert ein Pfarrer von Siebnach, der von 1698-1700 die Pfarrei innehatte. Es war der adlige Antonius Erath, Edler von Erathsberg. Er wurde, nachdem er acht Jahre zuvor wieder Siebnach verlassen hatte, am 17. Dezember 1708 zum Abte des Klosters Steingaden gewählt.

Es war im Jahre 1806 als Siebnach mit dem Kirchensatze an die Krone Bayerns überging, nachdem 1803 das Kloster bereits säkularisiert worden war. (Anno Domini 1802, den 5. November früh dreiviertel neun Uhr kam ein kurfürstlicher Kommissarius an, und in allen Klöstern Bayerns und überall in der nämlichen Stunde. Alles wurde genau aufgezeichnet bis auf die Kupferpfennige und administratores gesetzt. Anno Domini 1803, den 1. April sind alle Klöster in ganz Bayern aufgehoben worden . . . weil es Napoleon so haben wollte.) Wie kleinmütig und resignierend fügte sich eine Institution dem Befehle eines herrschenden, fremden Mannes! Eine Einrichtung, die über Jahrhunderte hinweg nicht nur unumschränkte Macht und angehäuften Reichtum verkörperte, sondern ständiger Impuls für fast alle Bereiche menschlichen Fortschritts auf religiösem, geistigem und materiellem Gebiete darstellte, verzichtete kleinlaut und gab ihren Platz in der Geschichte dem Staat ab. Das Kloster Steingaden hinterließ dabei einige Schulden, da die im Jahre 1749 erbaute prachtvolle Wieskirche allein um die 100.000 Gulden gekostet haben soll.


Im Namen.

Durch die Provinzial Purification sind der Leitung der unterfertigten Stelle auch jene Klosterpfarreyen überwiesen worden, welche vormals Bayerl. Klöster in Schwaben besassen. Diese sollen nun nach den erlassenen allerhöchsten Weisungen auf dieselbe Art organisiert werden, wie diese in Anfehlung der übrigen Schwäbischen Klosterpferreyen schon früher geschehen ist. Die Pfarrbezirke sind hierbei nach den Ländl. Verhältnissen ausgemittelt, und den Pfarrern für die bisher den Pfarr-Verwesern überlassene Gründe, und Nutzungen, welche inkommeriert wurden, und dem Umfange der Pfarrey, der Seelenzahl, und den bisherigen Einkünften angemessene Kompetenz ausgesprochen. Nach diesen Grundsätzen sollen auch dieselben und folgende von der allerhöchsten Stelle genehmigte Weise organisiert werden….

2. Die Pfarrey Siebnach, die gleichfalls durch einen Expositus des Klosters Steingaden versehen wurde, enthält außer dem Dorfe Siebnach, noch die Filialen Forsthofen, Adelshofen, Traunried, Oberhöfen, Mittelhöfen und Unterhöfen, wovon die entferntesten 1 Stunde weit, von dem Hauptorte entlegen sind.

Die Pfarrkirche liegt ungefähr in der Mitte des ganzen Pfarrsprengels, eine kleine halbe Stunde von dem Dorf Siebnach entfernt. Die ganze Bevölkerung beträgt 477 Seelen.

Die künftige Kompetenz des Pfarrers ist auf 700 Gulden in Geld,
6 Schäffel Roggen und
2 Schäffel Kern, dann
6       “      Haber, und
4 5/8 Tagewerk Kompetenzgründe, nebst
10 Klafter halbhart und halb weiches Holz festgesetzt, welche nebst den Stollgebühren im massigsten Anschlage 50 Gulden bis 1000 Gulden beträgt.

Ulm am 7. Juli 1806

Königlich Bayerische Landes Direktion
In Schwaben
Leyden

An das bischöfl. Vicariat
In Augsburg
Die Organisation der von altbayerischen Klöstern
In Schwaben in der Provinz bestehenden
Pfarreyen betr.
v. Hohenrieder

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