Biografie – Eine moderne Brieffreundschaft

Hans Gut ist als junger Mann nach Kanada ausgewandert. Beim Versuch, seinen Lebensweg zu rekonstruieren, hat er per Email neue Kontakte in die alte Heimat geknüpft

Siebnach Als sich Hans Gut im kanadischen Edmonton das erste Mal an seinen Computer setzt, ist er sich nicht einmal sicher, ob auf sein Schreiben überhaupt jemand reagieren wird. Er braucht noch ein paar Daten und schickt deshalb eine E-Mail an seine alte Heimatgemeinde Ettringen. „Mit der Hoffnung meine Anfrage an die richtige Person gesendet zu haben erwarte ich höflich eine Antwort“, schließt Gut sein Schreiben. Es dauert nicht einmal eine Stunde, dann hat er Post in seinem Maileingang.

Die Antwort kommt von Michael Wolf, dem Webmaster der Ettringer Gemeindehomepage. Wolf weiß nicht so recht, wer im da schreibt. Er versteht nur, dass sich da ein ehemaliger Ettringer an ihn wendet, offenbar ein Auswanderer aus Kanada, der für seine Enkel seine Lebensgeschichte aufschreiben möchte. Wolf stellt deshalb die angeforderte Liste zusammen, Namen von Ettringer Persönlichkeiten aus den 1920er Jahren. So entsteht ein kleiner Schriftverkehr.

Die beiden älteren Herren verstehen sich bestens. Gut erzählt ein paar süffisante Geschichten aus seiner Kindheit. Wolf versucht, die Erinnerungslücken mit Namen und Daten aus dem Gemeindearchiv zu füllen. „Viele Grüße aus der alten Heimat“, schreibt Wolf Mitte März. „PS: Freue mich wieder von Ihnen zu hören.“

Ende April hat Gut seine Aufzeichnungen beendet. Auch Michael Wolf bekommt sie natürlich zu sehen. Seit einigen Tagen ist die „Hans-Gut-Story“ nun auf der Internetseite der Gemeinde Ettringen nachzulesen.

Gut hat einen Teil seiner Kindheit in Ettringen verbracht. Sein Vater war Käsermeister in der Molkerei in Siebnach. Beim Unteren Wirt hat Vater Gut oft Schafkopf gespielt, zusammen mit dem örtlichen Seelsorger, dem Bürgermeister und dem Hauptlehrer, dem sogenannten „Viererrat“, wie diese Runde in Siebnach damals genannt wurde, so erinnert sich Gut. Vor allem an den Hauptlehrer denkt Gut mit gemischten Gefühlen zurück. Dessen Jähzorn fuhr einmal in Form eines Holzscheites auf seine Nase nieder, eine Erfahrung, von der Gut bis heute ein kleiner Knorpel und ein leichtes Wispern beim Atmen geblieben ist.

Nach der Zeit in Ettringen zog die Familie nach Geltendorf um. Gut verdingte sich als Hütejunge in Warmesried, wurde später für den Reichsarbeitsdienst rekrutiert und siedelte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Kanada über. Mittlerweile ist er 94 Jahre alt.

„Ich denke auch nach so vielen Jahren noch oft an Siebnach zurück“, schreibt er in seiner Kurzbiografie. „Ich frage mich, wie es dem hübschesten Mädchen in der Schule, Sophie Baumann, wohl ergangen ist.“

 


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