Die Geschichte der St. Anna Kapelle in Siebnach


Die Kapelle

Knapp zweihundert Jahre nach der Erwähnung der Kirche in Kirchsiebnach hören wir durch eine Urkunde von einer Kapelle »Unser Frauen Egart«, einer Marienkapelle. Man schreibt das Jahr 1419.

St. Anna Kapelle

 

Dies ist die erste schriftliche Erwähnung der christlichen Andachtsstätte im Dorf Siebnach. Wir dürfen jedoch annehmen, dass sie in jedem Fall älter ist. Bei Umbauten und Sanierungsarbeiten am Fundament vom Hause Mühlenstraße 21 fanden sich in größerem Umfange menschliche Knochen unter dem jetzigen Bauernhaus. Dieser fast archäologische Fund lässt auf einen Friedhof schließen, der südlich der Kapelle gelegen haben muss. Somit kann man in den Bereich der Möglichkeit folgende Annahme aufstellen. Ein zum Christentum bekehrter Alemanne hat an der Stelle der heutigen Kapelle eine kleine Eigenkirche erstellt, bei der die verstorbenen Mitglieder seiner Sippe begraben worden sind. Dieser Fund deckt sich übrigens mit dem schon vorher erwähnten Siedlungsursprung um Kapelle und Pfarrhof; denn südlich des gefundenen Friedhofs liegt der Hof des Maierbauern. 

Kehren wir in das 16. Jahrhundert noch einmal zurück. Man schrieb das Jahr 1575 als die Kapelle erneuert und konsekriert wurde. Die Patrone ihres einzigen Altars sind Maria und die Apostelfürsten. Ansonsten ist die kleine Andachtsstätte völlig unbemittelt.

Ortsansicht 1977

In den schlimmen Jahren der Pest 1634 und des 30jährigen Krieges erhielt sie die Genehmigung zur Aufbewahrung des Allerheiligsten. Sicherlich traute sich in jenen Jahren kein Dörfler aus dem Haus bzw. aus der Ortschaft heraus.

Die heutige Gestalt erhielt die Kapelle 1682 unter dem damaligen Pfarrer Jakob Volk. Der gesamte Bau wurde für 570 Gulden erstellt. Baumeister und Stuckateur war der bekannte Johann Schmuzer aus Wessobrunn. Der Altar stammt aus der Zeit um 1720.

Zu einem Rechtsstreit zwischen der Kapellenstiftung und der Gemeinde Siebnach kam es im Jahre 1823. Darin wurde entschieden, dass die Gemeinde die Bau- und Unterhaltskosten zu bestreiten und zu übernehmen habe. Die Inflation vernichtete dann das geringe angesammelte Vermögen.

Leider musste 1856 die prächtige, gewölbte Stuckdecke durch eine Flachdecke ersetzt werden, da sie sehr schadhaft geworden war. Zwölf Jahre darauf erfolgten weitere Reparaturarbeiten am Turme. Eine weitere Restaurierung wurde im Jahr 1935 vorgenommen.

Betreten wir das Innere der Kapelle, so zeigt uns das Deckenbild die Schlüsselübergabe an Petrus. Die Altarblätter wurden 1683 von einem »Maler zu Wiedergeltingen« gefertigt. Sie zeigen Joachim, Anna und Maria im Aufzug: der Auferstandene erscheint seiner Mutter. An der westlichen Seite befindet sich eine Inschriftstafel für »M. Kunigunde Koller, Mutter von sieben Kindern, darunter zwei Prämonstratenser in Steingaden und Schäftlarn und ein Augustinerchorherr in Rottenbuch und eine Klosterfrau«. Pfarrgottesdienste werden gehalten an Peter und Paul, am Sonntag nach St. Anna und an Maria Geburt, dazu kommen drei bis vier Wochenmessen.

Pfarrhaus

Pfarrhaus

Im Jahr 1984 wurde abermals die Kapelle renoviert , die Außenmauern wurden unterfangen und die untere Außenwand neu verputzt. Eine weitere äußerst gründliche Instandsetzung erfolgte 1993 mit einem Kostenaufwand von 550.000 DM. Statt des bisher vorhandenen Kreuz- und Mittelganges wurde ein Rundgang eingebaut mit dem Vorteil, dass jetzt mehr Sitzplätze zur Verfügung stehen. Auf der Nord- und Südseite im Innern der Kapelle legteman während der Bauarbeiten je eine Nische frei. Diese werden nun für Statuen, vor allem für eine schöne Pieta verwendet.

Schräg gegenüber liegt der im Jahre 1977 renovierte Pfarrhof mit seinem stattlichen Giebel. Das Haus wurde im Jahre 1708 erbaut und ist auf der Nordostseite mit dem Wappen des Abtes Marianus Bichele verziert. Darunter stehen die Worte: Si tacebit, lapides clamabunt. (Wo er wird schweigen, da werden die Steine schreien.) Am westlichen Ende des Pfarrgartens befinden sich zwei alte Gebäude, nämlich der Pfarrstadel und die Holzlege

Waschküche und Holzlege von 1640

Waschküche und Holzlege von 1640

mit der Waschküche. Diese wurde im Jahre 2004 durch freiwillige Helfer wieder hergerichtet. Der Dachstuhl erhielt sein altes Walmdach und zum Mauern wurden Ziegel eines 200 Jahre alten abgebrochenen Hauses aus Schwabmünchen verwendet. In die ehemalige Waschküche soll ein Dorfbackofen eingebaut werden. Beide Gebäude stehen leer. Sie wurden 1640 erbaut, da der Pfarrer zum Teil seinen Lebensunterhalt mit einer kleinen Landwirtschaft aufbessern musste.Ebenso liegt in der Nähe noch der alte Brunnen.

Pfarrstadel von 1640

Pfarrstadel von 1640

 

 

„Drei schwäbische Dörfer erzählen“ von Dr. Martin Kleint 

 

 

 

<< Inhaltsverzeichnis >>