Ein großes Ereignis für die Ettringer war der Bau der Eisenbahnstrecke Türkheim – Ettringen. Ermöglicht wurde es durch das Finanzgesetz vom 10. August 1904. Als am 28. Oktober 1908 der erste Zug in Ettringen hielt, bei der „feierlichen Eröffnung der Lokalbahn Türkheim – Ettringen“, war die gesamte Dorfbevölkerung anwesend, manche skeptisch über das Teufelswerk, manche enthusiastisch über den Erfolg moderner Technik.
Es gab Begrüßungsansprachen, einen Empfang „der hohen Gäste, Huldigungen der Schuljugend, Sonderfahrten zwischen beiden Stationen, einem gemeinsamen Mittagessen in der Krone in Türkheim und gesellige Unterhaltungen mit Musik in den Bahnhofsrestaurationen Türkheim und Ettringen.“ Türkheim war zwar seit 1874 mit einem Bahnhof außerhalb des Ortes an die Strecke Buchloe – Memmingen angeschlossen worden, kämpfte jedoch weiter um eine weitere Verbindung durch das Flossachtal. Die Gemeinde argumentierte, dass der Ort dies brauche wegen des Sitzes des Amtsgerichts, des Rentamtes und Notariats und eines Disdriktkrankenhauses. „Es sei im Interesse der erkrankten Dienstboten und Arbeiter gelegen, auf kürzestem Wege nach Türkheim zu gelangen, um möglichst rasch im Krankenhaus Aufnahme zu finden,“ so begründete man den Bau dieser Strecke. Als diese nicht genehmigt wurde, verlegte man sich auf die Verbindung nach Ettringen, Siebnach, denn „hier gebe es Sägemühlen, eine neu errichtete Holzstofffabrik, bedeutende Käsereien, große Staats- und Privatwaldungen, ferner in Ostettringen das Oekonomiegut mit einer renommierten Branntweinbrennerei und Bierbrauerei.“ Hier muss erwähnt werden, dass die Brüder Lang sich schon seit 1902 vergeblich um den Bau einer Lokalbahn „quer durch das Wertachtal zur Station Westerringen zur Bahnstrecke Buchloe – Ausburg“ bemüht hatten. Die Gemeinden Ettringen und Türkheim verpflichteten sich, 63 Prozent, beziehungsweise 37 Prozent der auf 56.800 Mark veranschlagten Grunderwerbskosten aufzubringen. Der Bau der Lokalbahn mit einer Länge von 8,4 Kilometern wurde auf 443.900 Mark veranschlagt.
Nach weiteren drei Jahren wurde das Reststück nach Markt Wald fertiggebaut. Stolz zuckelte am 12. Oktober 1911 das Staudenbähnle mit fröhlichen Schulkindern nach Türkheim, und inbrünstig sangen alle auf dem Bahnsteig vor der Abfahrt des Dampfrosses die Bayernhymne. Ab 1.3.2004 übernahm die Betriebsführung dieser Strecke die „Bahnbetriebsgesellschaft Stauden (BBG).
Über 700 Personen, viele in Frack und Zylinder bestiegen Monate später zur offiziellen Übergabe am 20.12.1911 um 9.45 Uhr den bereitstehenden Zug mit der festlich bekränzten Lokomotive im Bahnhof Markt Wald um nach Ettringen zu fahren. Die Feierlichkeiten fanden in Markt Wald statt. In allen Wirtshäusern spielte die Musik, die Königshymne wurde gesungen und die Honoratioren stießen ein dreifaches Hoch auf den Prinzregenten aus.(…)
Georg Lang sah klug 1906 die Auswirkungen voraus, die das Beförderungsmittel Eisenbahn mit sich bringen würde und baute im Jahre 1907 die Bahnhofswirtschaft oder Restauration, den heutigen “Gasthof Rauch” für seine Schwester Augusta. Ihr Sohn übernahm späterhin die Gastwirtschaft zu der ein kleiner landwirtschaftlicher Betrieb mit einem Schlachtraum gehörte. Nach mehreren Renovierungen im Laufe der Zeit wurde im Jahr 2002 rechtwinklig zum Gebäude der Gastwirtschaft an der Grenze zum Nachbarn ein Gästehaus mit einladenden Übernachtungszimmern, einem Wellnessbereich, Tagungsraum und einem Festsaal errichtet.(…)
Text: „Drei schwäbische Dörfer erzählen“ Dr. Martin Kleint