„Wir haben Angst, den Schulstandort zu verlieren“

Die Albert-Schweitzer-Schule in Ettringen ringt um Schüler. Der Schulverband Ettringen hat Angst, seinen Schulstandort auf Dauer zu verlieren.© Julia Böcken

Die Albert-Schweitzer-Schule in Ettringen ringt um Schüler. Der Schulverband Ettringen hat Angst, seinen Schulstandort auf Dauer zu verlieren.© Julia Böcken

Einbrechende Schülerzahlen bei der Albert-Schweitzer-Mittelschule – Zusammenarbeit im Verbund gefordert

Ettringen – Was können die Gemeinden, die Lehrer und der Schulverband Ettringen tun, um die Albert-Schweitzer-Grund- und Mittelschule zu erhalten? Wie kann die Schule mehr an Profil gewinnen, wie kann sie zukunftsfähiger ausgerichtet werden? Um diese Fragen ging es bei der Schulverbandversammlung Ettringen. Koexistenz heiße das Zauberwort, denn das eigentliche Problem sei, so Markt Walds Bürgermeister Peter Wachler, dass sich die drei Verbundschulen (Türkheim, Bad Wörishofen und Ettringen) in ständiger Konkurrenz zueinander befinden. Miteinander und nicht Gegeneinander ist hier die Lösung.
Was braucht eine Schule? Vor allem braucht sie ein Profil, mit dem sie für Schüler werben kann. Denn diese sind in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen. Waren es 2006 noch 348, sind es im kommenden Schuljahr nur noch 235 Schüler (157 Kinder an der Grundschule und 78 Jugendliche an der Mittelschule), die die Albert-Schweitzer-Schule besuchen. Besonders die Mittelschule hat mit dem Einbrechen der Schülerzahlen hart zu kämpfen. Dabei habe die Schule mit ihrem Namensgeber Albert Schweitzer, der „Übervater“, wie Ettringens Bürgermeister Robert Sturm ihn nennt, durchaus eine Profilierung, denn die Schule ist vor allem nach Schweitzers Leitspruch „Ehrfurcht vor dem Leben“ ausgerichtet. Der Arzt und Philosoph „ist längst nicht so verstaubt, wie wir meinen“, sagte Sturm, sondern die Botschaften seien immer noch aktuell.
Schulamtsdirektorin Ursula Abt wies auf die Besonderheit der Grundschule hin, dass dort die ersten und zweiten Klassen zusammen unterrichtet werden. Diese „Flexible Grundschule“ gebe es nicht allzu oft im Unterallgäu, berichtete Abt. So kann ein Kind die Klasse in einem Jahr, in zwei aber auch in drei Jahren durchlaufen, je nachdem wie viel Zeit es zum Lernen braucht. Zudem ist die Medienreferenzschule in der Digitalisierung weit fortgeschritten – ein Alleinstellungsmerkmal. Mit dem Digitalbudget vom Bund will sie neue Computer, Beamer und Dokumentenkameras besorgen, mit dem Digitalpakt des Freistaates Bayern mobile Tabletkoffer kaufen und ein moderierbares WLAN einrichten. Man dürfe sich nicht in vielen Dingen verlieren, sondern müsse bei den wenigen Dingen, wie Namensgeber, Schulprofil und Standort, in die Tiefe gehen, resümierte Abt.
Doch auch wenn die Schule ein Profil hat und dieses nach außen trägt, wird sie dadurch auch mehr Schüler gewinnen? Schulamtsdirektorin Elisabeth Fuß sieht die Zukunft realistisch. „Es hilft nicht, hier Traumschlösser zu bauen“, sagte sie. Zwar nehme die Schüleranzahl an der Grundschule zu, doch bleiben immer weniger Schüler danach noch weiter auf der Mittelschule. Das sei aber ein bayernweites Problem. Auch in den Prognosen sehe es für die Mittelschule nicht gut aus – ein enormer Zuwachs ist nicht zu erwarten. Die Vorbereitungsklassen zur Mittleren Reife seien ein „aussterbendes Produkt“. „Wir müssen am Boden der Realität bleiben“, so Fuß und in Zukunft im Verbund kooperativer zusammenarbeiten ohne Konkurrenzgedanken. Man müsse gemeinsam die Verantwortung für das Wertachtal tragen. Fuß schlägt vor, sich früher im Jahr auszutauschen. Dabei sollen nicht nur die jeweiligen Schulleiter und Bürgermeister sondern auch die Elternbeiratsvorsitzenden mit ins Boot geholt werden. Auch Robert Sturm sieht in einer Kooperation die einzige Möglichkeit, die Schulen zu erhalten. Er schlug vor, sich gegenseitig auf Schulfesten zu besuchen, um dabei die eigene Schule den anderen Verbundpartnern zu präsentieren.
Cornelia Thümmel, Bürgermeisterin von Mittelneufnach, hatte ebenfalls eine Idee parat. Warum müsse überhaupt jede Schule sozial, wirtschaftlich und technisch ausgerichtet sein? Vielmehr könne doch jede Schule eine eigene Profilierung in dieser Richtung vornehmen und nur einen der drei Schwerpunktbereiche anbieten. „Wir brauchen einen Neustart“, ist sich auch Peter Wachler sicher. Wichtig sei, die Eltern mit einzubeziehen und sie darüber aufzuklären, dass jedes Kind eine individuelle Förderung bräuchte und dementsprechend nicht jede Schule für den Sprössling geeignet sei. Hermann Glas, Beisitzer im Rechnungsprüfungsausschuss, befürchtet einen Klammergriff seitens der Schule, die die Schüler nicht gehen lassen will. Und auch Wachler äußert sein Besorgnis: „Wir haben Angst, den Schulstandort Ettringen zu verlieren.“
Problematisch sei der M-Zweig der Mittelschulen, der sich immer mehr dem Abstellgleis nähert. „Wenn die M-Klasse wegbricht, ist die Mittelschule geliefert“, befürchtet Fuß. Doch bis jetzt habe man noch keinen Mittelschulstandort verloren. Barbara Engel, Verbundkoordinatorin und Rektorin der Mittelschule Türkheim, sorgt sich noch nicht um die Zukunft des M-Zweigs, denn dieses Schuljahr gibt es sechs Mittlere-Reife-Klassen im Schulverbund. „Dass unsere M-Klasse im 7. Jahrgang oft nur mit einer geringen Anzahl von Schülern startet, bereitet uns Sorgen. Bisher ist es jedoch gelungen, im Laufe der Schuljahre diese Klasse aufzubauen mit Schülern, die den Übertritt in den nachfolgenden Jahren geschafft haben. Nicht selten haben wir dann sogar zwei Abschlussklassen“, sagt Engel.
Die Mittelschule weise stabile Schülerzahlen auf, nur beim Klassenbildungsprozess mit den Verbundschulen tue man sich schwer, da man pro Jahr nur eine bestimme Anzahl an Klassen bilden darf. „Hier stoßen unterschiedliche Interessen der drei Mittelschulen aufeinander“, räumt Engel ein. Doch sie ist sich sicher, dass man hier einen Konsens finden wird. Quelle: Wochenkurier

                            Schlagwort "Schule"

 


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