Die vorchristliche Zeit

Blick auf die Kirchwiesen

Blick auf die Kirchwiesen

Die ältesten Zeugen menschlicher Gegenwart in Siebnach sind die vereinzelten Grabhügel in den »Kirchwiesen« bei Kirchsiebnach oder auch Kirchmähder genannt, auf der rechten Seite der Straße gelegen, die Kirchsiebnach mit der Straße Siebnach-Höfen verbindet. Sie sollen aus der Hallstattzeit stammen. Der Flurname »Totenäckerle« mag sich über Jahrhunderte hier gehalten haben und einen direkten Hinweis geben. Auf der anderen Seite besteht die Vermutung, dass der Name auf den Pestfriedhof zurückzuführen ist. Eine zweite Grabhügelgruppe liegt auf der bewaldeten Höhe nordwestlich von Aletshofen.

In jeder Hügelgruppe wurden Gräber geöffnet, die einen Umfang von 48 bis 70 Schritt hatten und eine Höhe von 60 bis 70 cm. Bei Kirchsiebnach fand man vier Urnen in Richtung Südost nach Nordwest liegend, deren größte eine Bodenbreite von 14 cm und eine Wandlänge von 35 cm besaß. Ornamente fanden sich nicht. Da der Ton schlecht gebrannt war, waren leider nur mehr einige kümmerliche Scherben vorhanden. Bei Aletshofen fanden sich fünf Urnen, darunter eine sehr dickwandige mit einem Bodendurchmesser von 8 cm und einer Wandlänge des zerdrückten Gefäßes von 14 cm, außen mit gelber, leicht abfärbender Farbe bemalt. Ferner eine wohlgeformte, auf der Drehscheibe hergestellte, mit reicher Gliederung, jedoch auch ohne Ornament.

Der Bau der Gasleitung Augsburg-Kaufbeuren brachte im Gebiet der Grabenäcker (nördlich des Dorfrandes von Siebnach an der Straße nach Höfen rechts liegend) ebenfalls alte Gräber zutage, die aus der Alemannenzeit stammen. Damit dürfte man sagen, dass Siebnach gleich alt wie Ettringen ist.

Wie bereits im Ettringer Teil speziell ausgeführt, verlief die alte Römerstraße von Schwabegg kommend auch an Siebnach vorbei. Der erste Nachweis einer römischen Besiedlung wurde im Jahre 1952 durch Herrn Striebel in Kirchsiebnach erbracht. Er fand einen Falzziegelrest im Schotter des Friedhofes und unmittelbar neben der Kirche am Fußende des Hanges in einem offenen Grabe in etwa einem halben Meter Tiefe eine Brandstelle, die mit römischem Schutt überdeckt war. Sechs Jahre später erfolgte eine kleine Probegrabung auf der Terrasse zwischen dem Friedhof und dem alten Schulhaus. Dabei fanden sich römische Keramikscherben, die auf einen römischen Gutshof der frühen mittleren Kaiserzeit, d. h. etwa das zweite Jahrhundert n. Chr., schließen lassen. Im Jahre 1953 stieß man bei einer Grablegung abermals auf Ziegelreste. Eine Meldung an das Pfarramt oder den Kreisheimatpfleger wurde unterlassen, da die Beerdigung kurz nach der Entdeckung erfolgte (Anm.: Mitteilung von Herrn Josef Pfänder). Natürlich sei dabei dahingestellt, ob es sich gerade bei diesem letzten Funde um römischen Hinterlassenschaften handelt; denn solche Funde wurden von der einheimischen Bevölkerung oft falsch gedeutet. Sie brachten sie mit der späteren Burg in Siebenaich in Zusammenhang und glaubten, Reste von gemauerten Fluchtstollen nach Schwabegg vor sich zu haben. Diese – man kann schon sagen – fest verankerte Annahme ist völlig falsch. Solche Stollen hat es nie gegeben.

Interessant ist in diesem Zusammenhang das Vorhandensein von Fundamenten in reichlich halber Höhe am Hang zum Anwesen des Seitz Georg, unterhalb der auf dem nördlichen Hang gelegenen Obstbäume. Auf die Mauerreste stieß man beim Bau der Wasserleitung. Die Fundamente erreichten etwa fünf Meter Länge und waren aus bröckeligem Ziegelstein. Die Lage entspräche dem Rande der im Ettringer Teil beschriebenen Straße.

Woher kommt nun der Ortsname Siebnach? Er wird in der Zeit der alemannischen Landnahme entstanden sein. Das Wort Siebnach hat seinen Ursprung in der Bezeichnung »Sieben Eichen«. Sie wurden meist an der Grenze der Urmarken als sichtbares Kennzeichen gepflanzt oder markierten den Platz einer alten Gerichtsstätte, einer sogenannten Thingstätte.

Siebnach ist offenbar Ausbauort des 6. Jahrhunderts (das entdeckte Reihengräberfeld ist dem 6./7. Jahrhundert zuzuweisen) einer der beiden alemannischen Gründungen Erringen (Langerringen) oder Hiltenfingen. Wir können diese Annahme aus der Tatsache ableiten, dass bis ins späte Mittelalter die Siebnacher in einer Allmendegemeinschaft sich mit Erringen und Hiltenfingen befunden haben. Ebenso brauchten die Siebnacher lange Zeit keine »Bruckhaber-Abgabe« bei der Überquerung der Hiltenfinger Wertachbrücke leisten. Desgleichen hatten die Ritter von Erringen Eigentumsrechte an dem Wald »Heiligenbühl« und der Siebnacher Flur. Eine Verbindung mit Ettringen muss erst später zustande gekommen sein, obwohl die Römerstraße beide Ortschaften verbunden hatte und Erringen und Hiltenfingen jenseits der Wertach lagen. Die letzten Verbindungen zu Erringen gingen verloren, als am 6. Dezember 1326 Wernher von Erringen seinen Holzteil, genannt der Heiligbüchl, in der Pfarrei Siebenaich, als Seelgerät dem Kloster Steingaden schenkte.

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