Fluvius Vindonis oder Virdo Vindonis nannten die Römer die Wertach. Erst im 10., 11. und 12. Jahrhundert erscheint urkundlich der Fluss in seiner deutsch gestalteten Wortform als „Wertaha“, nachdem wie bereits erwähnt die Kelten Jahrhunderte vor Christus den Namen der Wertach prägten. Sie war es, die jahrhundertelang Ettringen mit ihren raschen und unberechenbaren Hochwassern bedrohte. Allgemein floss die Wertach träge in mehrere Arme und Flussläufe gespalten nach Norden dahin. Einer davon muss zwischen den Häusern der Augsburger Straße 3 und 5 sein Bett gesucht haben; denn beim Bau dieser Häuser im Jahre 1926/30 fand man zwischen ihnen eine uralte, angeschwemmte schwarze Eiche in reinem Kies gelagert. Sie hatte eine Länge von etwa 25 Metern und einen Stammdurchmesser von etwa zwei Metern. Schreinermeister Miller hat diesen seltenen Fund abfahren lassen und verarbeitet. Ebenso fand man an benachbarter Stelle eine schwarze Mooreiche bei den Kanalarbeiten, wie später berichtet werden wird.
Im Frühjahr, wenn oben in den Bergen die Schneeschmelze einsetzte, oder im Sommer, wenn heftige Gewitterregen im Voralpenland niedergegangen waren, dann füllten sich jäh die fast ausgetrockneten Rinnsale und wurden zu reißenden Wildwassern die weit über die flachen Ufer traten. Eine feste Uferböschung war nicht vorhanden, und so wurde immer wieder Land vom tobenden Hochwasser unterspült und weggeschwemmt.
Zum ersten Male hören wir von einem starken Wasserschaden am 8. März 1512. Die gesamte Gemeinde Ettringen führte darüber Klage bei Herzog Wilhelm in Bayern. Sie forderte darin ein Wehr gegen den reißenden Strom, da sie fürchten musste, der ganze Flecken samt den Stücken und Gütern könne vom wilden Wasser hinweggeführt werden.
Dieses Wehr wurde daraufhin auch errichtet.
Im Jahre 1516 scheint ein Hochwasser den Weiler Berg und Ettringen betroffen zu haben. Denn der
Ammann von Ettringen und der »Hansen Kurnbach von Mindelheim«, als Vertreter der Bauernschaft des Weilers Berg, beredeten unter sich einen gegenseitigen Schadenersatz, da „mehrere Untertanen in unsäglichen Schaden gekommen sind, wegen des Überlaufens des Wertachflusses“. Bei dieser Regelung waren anwesend „Hans Tausch, genannt Eichelin, Ammann zu Mindelheim, jung Hans Leinauer, Wirt zu Türkheim“, auf seiten Kurnbachs von Mindelheim und von Berg, „Kaspar Schneider, Richter zu Siebeneich und Hansen Kollin, Richter zu Ettringen“, außerdem waren es noch „Ludwig von Sennen, Kastner zu Landsberg und Jörg und Jeronimus Immhof, Bürgermeister zu Augsburg, welch letzterer die Grafschaft Schwabegg dermals innehatte.“ Eigentümer der Grafschaft war ja seinerzeit Herzog Wilhelm in Bayern.
Unter dem Jahreeintrag von 1670 lesen wir sogar im Kirchenbuch von einer Flut. Ein Kind wurde am 4. Juli jenes Jahres in einem Hause geboren, während es von Wassermassen umspült wurde. 1784 muss eine plötzliche Überschwemmung viele Felder und Fluren verwüstet haben. Bereits 1726 hatte Kurfürst Maximilian Joseph III. alle Floßfahrten und Holzschwemmen auf der Wertach untersagt. Gerade das heruntergeschwemmte Stangenholz konnte Wasser anstauen und zu ungeahnten, plötzlichen Überschwemmungen führen. Wohl errichteten die Betroffenen Dämme, die unterhalb Türkheims schon angelegt wurden. Jedoch oft genug hielt der aufgeworfene Damm nicht, oder man hatte ihn im Herbst nicht gut genug befestigt. Die Folge davon war eine Überflutung der Wiesen oberhalb des Dorfes. Das Wasser drang hauptsächlich auf der Wettenstraße ins Dorf (wetten = waten, Wette Barthel Rauch Hubert), die andere Eintrittspforte war die Hochstraße. Alle Äcker und Felder, die den Namen Plan tragen, waren bis vor etwa 130 Jahren Auen, die als Viehweiden genutzt wurden; sie standen oft unter Wasser bis an das Dorf heran. Noch heute hat das Anwesen Hahnenbichlstraße 13 den Hausnamen „Staudenschneider“; denn hier wohnte ehemals der Schneidermeister Johann Lang und an dem Haus standen und bis hierhin wuchsen die wilden Stauden der Wertachauen.
Der Gemeindevorsteher und Bader Matthias Müller in der Hauptstraße 2 schrieb säuberlich alle Überschwemmungen in den Jahren 1819 – 1831 auf. So lesen wir, dass vom 21. Dezember bis zu Heilig Abend 1819 das Wasser in allen Scheunen und Häusern gestanden hat, wobei auch mehrere Stück Vieh verendet sind. Am 4. März und 13. August 1821 stand der ganze Ort unter Wasser. Drei Jahre später wurde am 25. August das Sommergetreide von den Feldern geschwemmt, und vom bereits eingebrachten Roggen und Weizen verdarben die unteren zwei bis drei Lagen in den Stadeln. Am 10. August 1831 kam nachts zwei Uhr das Wasser überraschend in das Dorf und wuchs bis fünf Uhr. Beim Bader Müller stand das Wasser ca. 20 cm hoch in der Wohnstube. Eine andere Überschwemmung brachte den Türkheimer Boten in arge Bedrängnis. Als er, von Augsburg kommend, trotz Warnung mit seinem Pferdewagen das aus derWettenstraße hervorschießende Wasser überqueren wollte, kippte die gesamte Ladung um. Die geladenen Bierfässer rollten davon, während die Säcke mit Salz, Zucker, Malzkaffee und Brot eingeweicht wurden.
Der Bader und Vorsteher Müller erstellte für seine Dienstzeit eine Schadensrechnung, aus der ersichtlich war, wie hoch der Schaden sich stellte, den die Wertach in seinen Amtsjahren angerichtet hatte. Müller kam dabei auf 35 000 Gulden (das entsprach seinerzeit einer Summe von etwa 100 000 Mark). Dabei hatte er die Schäden an Wiesen und Äckern nicht gerechnet, schrieb er. Zur Beseitigung der entstandenen Flutschäden nahm man häufig den Humus der Grabhügel im Westen des Dorfes, so dass wir heute die Zeugen alter Zeit nicht mehr finden können.
Zwischen dem Hof in Ostettringen und dem Dorfe lag eine Furt in der Wertach. Vermutlich hat sie sich da befunden, wo heute die Brücke die beiden Ufer verbindet. Die Hauptstraße nach Augsburg ging bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts wie zu den Römerzeiten über Schwabegg. Erst im Jahr 1808/09 wurde die erste Brücke über die Wertach geschlagen. Das geschah unter napoleonischer Herrschaft in dem Jahre, als Andreas Hofer die Franzosen am Berg Isel schlug. Die Brücke bestand aus einem hölzernen Bogen mit einer Spannweite von knapp 47 Metern (ein Modell von ihr steht im wehrtechnischen Museum in Hamburg). Entworfen und gebaut wurde der Wertachübergang von einem gewissen Wiebeking. Er war Berater und Generaldirektor des Brücken und Wegebauamtes. In einer Zeit, in der Titel und Ehren besonders aufgeführt und gerühmt wurden, erfahren wir, dass Herr Wiebeking Ritter des bürgerlichen Ehrenordens der bayerischen Krone und korrespondierendes Mitglied der französischen naturwissenschaftlichen Akademie gewesen ist. Dieser erste Flussübergang lag unmittelbar unterhalb der jetzigen
Wertachüberführung.
Nur 50 Jahre sollte das hölzerne Bauwerk halten; denn im Jahre 1857 wurde eine neue Brücke erstellt. Diesmal war der Baustoff auch wieder Holz, jedoch handelte es sich um eine Konstruktion im Diagonalbogensystem. Ein Hochwasser am Allerheiligentag 1870 gefährdete sie stark; denn es nahm das obere Holzwehr mit und unterspülte den Mittelpfeiler der Brücke. Als Folge der Zerstörung des oberen Wehrs kam so viel Sand und Kies mit, dass der Pfeiler eingeschwemmt wurde und wieder einen festen Halt bekam. Nach dieser kritischen Flut baute man ein unteres Wehr.
1929 wurde schließlich eine massive Steinbrücke mit einem Mittelpfeiler errichtet. Als im Jahre 1932 ein ungeheuer reißendes Hochwasser von Türkheim herunterkam, wurde dieser Pfeiler unterspült, und die Fahrbahndecke senkte sich in der Mitte um 90 cm, so dass Einsturzgefahr bestand und der Verkehr gesperrt werden musste. Eine Spezialfirma drückte den Pfeiler mit Dampf hydraulisch wieder hoch und betonierte das Fundament neu. Kein Hochwasser hat seitdem der Brücke mehr geschadet.
Aber nicht nur der Übergang über die Wertach wurde 1932 von der Flut bedroht, nein, das Erdreich des Ostufers unterhalb der Brücke wurde von gewaltigen Strudeln weggeschwemmt. Das untere Wehr riss von der Böschung ab, und der Hochspannungsmast, der die Stromkabel zur Papierfabrik trug, knickte funkensprühend ab, um in den gischtenden Wassermassen zu versinken.
Im Laufe der Jahre spielte die starke Strömung der Wertach für die Brücke keine große Gefahr mehr. Jetzt stellte die Brücke ein Hindernis für den flutenden Verkehrsstrom dar. Der ständig steigende Lastkraftwagenverkehr der Papierfabrik brachte Fußgänger und Fahrradfahrer oft in eine beängstigende Situation. Deshalb entschied man sich für eine neue Überquerung der Wertach. Im Mai 2001 wurde die alte Überführung abgebrochen und die Fahrzeuge mussten über eine flussabwärts errichtete Notbrücke fahren bis im März 2002 der Verkehr wieder über die neue, verbreiterte Brücke rollen konnte.
1830 hatte man mit der Begradigung und Tieferlegung der Wertach begonnen. Damit schwand allmählich die Gefahr von Überschwemmungen. Endgültig wurde diese durch die Anlage von Stauseen oberhalb Ettringens nach 1950 gebannt. Einmal war es für den ungestörten Betrieb der Papierfabrik notwendig, zum anderen erhoffte man sich eine wesentliche Verlangsamung der Strömungsgeschwindigkeit der Wertach im Bereiche der Brücke.
Seit 1993 befasste sich die Gemeinde mit
einem Antrag zur Erstellung eines Wasserkraftwerks am Ostufer der Wertach zur Stromerzeugung zwischen dem oberen Wehr und dem Sportplatz. Erst im Jahre 1999 wurde das Werk zugleich mit einer Verbreiterung des oberen Wehrs errichtet, dass eine Leistung von 480 Kilowatt erbringt, das ist eine elektrische Energie, die den Bedarf von 650 Haushalten deckt. Diese neue Anlage wurde geschickt im Auwald angelegt und ist ein kleiner Besuchermagnet, wenn die Wertach Hochwasser führt. Dann kann man dort ungefährdet beobachten, welche enorme Kraft das Wasser dieses Flusses entwickeln kann, wenn oben im Gebirge eine rasche Schneeschmelze eintritt oder ein tagelanger Regen die kleinen Gebirgsbäche zu reissenden Gewässern anschwellen lässt, die die Wertach speisen.
Ebenso wurde schon 1977 in Siebnach die Genehmigung für einen Kraftwerksbau an der Wertach beantragt. 1991 begann man schließlich mit dem Bau, der dann endlich 2003 abgeschlossen wurde. Hier erzeugte ein mächtiges Hochwasser bei der Erstellung der Anlage große Schäden. So gebärdete sich im August 2002 die Wertach nach tagelangen, starken Regengüssen beängstigend wild. Was keiner vermutet hätte, passierte jetzt. Das rasch steigende Hochwasser unterspülte an der Baustelle für das Wasserkraftwerk am Siebnacher Wehr die westliche Böschung. Dabei wurden zwei Fertigmörtel Silos und ein Kran in den reißenden Fluss gespült. Insgesamt fielen dem zu unserer Zeit wohl einmaligen Hochwasser über 40.000 Kubikmeter, das sind rund 5000 Quadratmeter Grund, zum Opfer. Mit schwerem Gerät musste drei Tage lang rund um die Uhr gearbeitet werden, um den unterspülten Damm des Stauwerks zu schließen. Ebenso bangte man in Ettringen im August 2005 um das Überlaufen der Wertach aus ihrem Bett, als im gesamten Allgäu und in den Garmischer Bergen nach tagelangen sehr ergiebigen Regenfällen viele Straßen unter Wasser standen und manche Brücke gesperrt werden musste.
Im August 2002 wurde die Wertach nach tagelangen, starken Regengüssen beängstigend wild. Was keiner vermutet hätte, passierte jetzt. Ein Hochwasser unterspülte an einer Baustelle für ein Wasserkraftwerk am Siebnacher Wehr die westliche Böschung. Dabei wurden zwei Fertigmörtel Silos und ein Kran in den reißenden Fluss gespült. Insgesamt fielen dem zu unserer Zeit wohl einma
ligen Hochwasser über 40.000 Kubikmeter, das sind rund 5000 Quadratmeter Grund, zum Opfer. Mit schwerem Gerät musste drei Tage lang rund um die Uhr gearbeitet werden, um den unterspülten Damm des Stauwerks zu schließen.
Nicht allein die Wertach war es, die unser Dorf unter Wasser setzte. Selbst das kleine, unbedeutende Berger Bächlein war bei heftigen Unwettern unberechenbar, wenn es neben der Türkheimer Straße aufschäumend herabkam. Früher standen die Häuser eben meist ohne Keller plan zum Straßenniveau, so dass selbst eine geringe Wassermenge über die niedrige Türschwelle sofort eindrang. Viel besaßen die Leute in früherer Zeit sowieso nicht, und wenn sie noch das wenige verloren, so blieb ihnen praktisch nur das nackte Leben. Erst in den Jahren um 1860 baute der Staat am Gasthof Adler und an der Tussenhauser Straße jeweils eine Brücke. Früher hatten die Anlieger nur Durchfahrten am Berger Bächlein. Es nahm allen Unrat und Abfall mit. Durch die Aufschüttung des Straßenkörpers um einen halben Meter waren die Anlieger gezwungen, Brücken für ihre Hofeinfahrten zu errichten. Kam nun ein starker Gewitterregen, so trat an der Ecke Türkheimer- und Tussenhauser Straße das Wasser über das Ufer und floss ungehindert über die Straße hinweg. lm Winter staute sich das Treibeis bei plötzlichem Frostaufbruch. Die Strömung drückte es in der Linkskrümmung zur Tussenhauser Straße über das Ufer in Richtung Mesnerhaus hinaus. Der Memminger Bote, der jeden Donnerstag mit seinem Pferdefuhrwerk vierspännig auf der Fahrt nach Augsburg durch Ettringen kam, blieb einmal in diesem Treibeis hoffnungslos stecken. Mehr als zwölf Pferde waren erforderlich, um den schweren Wagen wieder flott zu bekommen. Man kann sagen, dass bis zum Jahre 1959 bei Unwettern die Türkheimer Straße im Bereiche der ehemaligen Taverne oft total überschwemmt war. Erst die Betonierung und Abdeckung des Bachbettes im Jahre 1960 schufen endgültige Abhilfe. Im Jahr 2002 musste beides mit Baggern entfernt werden, da die Ränder einbrachen. Jetzt bekam der Bach ein Stahlbetonkorsett, blieb wie früher offen, nur die Zufahrten zu den einzelnen Häusern erhielten Brücken. 2003 setzte man die erforderlichen Sanierungsarbeiten in der Tussenhauser Straße fort, die Mitte 2005 beendet wurde.
Im Laufe des Jahres 1984 wurde wegen der besseren Anbindung der Ostsiedlung an das Dorf in Höhe der Nebelhorn-, Lindenstraße ein schmaler Betonsteg für Fußgänger und Radfahrer über die Wertach gebaut. Damit wurde die Staatsstraße und vor allem die stark frequentierte Wertachbrücke entlastet, sowie für die Bewohner der Ostsiedlung eine nähere Verbindung zum Ortszentrum geschaffen. Die Baumaßnahme kostete rund 450.000 DM.
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